Birma:Die blutigen Methoden der Junta

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Neue Augenzeugenberichte aus Birma bringen die Wahrheit über die brutale Niederschlagung der Protestbewegung ans Licht. Folter und Vergewaltigungen standen auf der Tagesordnung. Auch ein Oppositionspolitiker soll getötet worden sein.

Erst jetzt erfährt die Welt Einzelheiten über die brutale Niederschlagung der Demonstrationen in Birma und die Verfolgung Tausender in den Tagen danach. In Großbritannien wurden neue Augenzeugenberichte veröffentlicht.

Mit harter Hand: Die Machthaber gingen mit aller Härte gegen die Demonstranten vor. (Foto: Foto: dpa)

Obwohl die Junta in Birma das Land abgeschottet hat, kommen immer mehr brutale Facetten über die Niederschlagung der Protestbewegung des asiatischen Landes ans Licht. Der britische Independent schreibt heute über Berichte von Folter und Vergewaltigungen. "Die Generäle nehmen Rache: Noch immer werden Menschen nachts aus ihren Häusern verschleppt, eine Kampagne physischen und psychischen Terrors ist in vollem Gang. Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft ist gemäßigt, teilweise sogar weniger als das."

Wie die britische Zeitung schreibt, wurden Mönche tagelang in einen Raum eingesperrt und gezwungen, in ihren eigenen Exrementen auszuharren, Menschen wurden nur geschlagen, weil sie einer Demonstration zuschauten, die Bewohner von Rangung sollen in jeder Nacht die Schreie von Nachbarn hören, die vom Regime verschleppt werden.

Rache der Militärs

Die Berichte sollen aus Rangun hinaus geschmuggelt worden sein. Sie zeigen, wie die Bevölkerung einer systematischen Kampagne der birmanischen Sicherheitskräfte aus körperlicher Bestrafung und psycholgischen Terror ausgesetzt wird. Die Militärs nehmen Rachen an denen, die mutmaßlich an den pro-demokratischen Demonstrationen des letzten Monats teilnahmen.

Systematisch wie brutal wurden dabei zuerst die Mönche zu Opfern, dann tausende von Birmanen, die zu den Demonstrationen dazu stißen. Selbst Menschen, die nur klatschten oder zuschauten. "Es waren ungefähr 400 von uns in einen Raum eingesperrt", berichtete ein Mönch im Independent. "Kein Toiletten, keine Eimer, kein Wasser, um sich zu waschen. Keine Betten, keine Laken, keine Seife. Nichts", berichtete der der 24-Jährige, der für 10 Tage in einem Schulgebäude im Norden Ranguns festgehalten wurde.

Der Raum nicht groß genug gewesen, um sich gemeinsam hinzulegen - die Mönche schliefen abwechselnd. "Jeden Abend um 20 Uhr bekamen wir eine kleine Schüssel mit Reis. Nach wenigen Tagen konnten sie viele von uns nicht mehr essen. Der Geruch war zu schlimm."

Oppositionspolitiker getötet

Das Militärregime hat die Kommunikation nach den brutal niedergeschlagenen Massenprotesten Mitte September rigoros unterbunden. Die Internetserver wurden abgeschaltet und Handy-Leitungen gestört.

Nach Angaben einer birmanischen Exilgruppe in Thailand ist ein Oppositionspolitiker gefoltert und ermordet worden. Die Partei "Nationalliga für Demokratie" (NLD) in Rangun konnte die Angaben am Donnerstag nicht bestätigen, weil sie einen Kontakt zu ihren Ortsverbänden hatte. LD-Mitglied Win Shwe (42) war nach Angaben der "Hilfsorganisationfür politische Gefangene" (AAPP) wegen Teilnahme an den Massendemonstrationen gegen das Regime am 26. September verhaftet worden.

Er sei im Plata Myot-Polizeipräsidium in Mandalay ermordet worden. Seine Familie habe die Todesnachricht erhalten, jedoch nicht den Leichnam, teilte die Organisation mit. "Wir können die Angaben nicht bestätigen, weil wir keinen Kontaktmit den Bezirken haben", sagte Partei-Sprecher U Lwin in Rangun.

Die NLD wurde von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gegründet,die seit Jahren unter Hausarrest lebt. Die Junta hat nach Druck voneinem UN-Gesandten und unter Auflagen einen Dialog mit Suu Kyiangeboten. Nach Angaben der Hilfsorganisation wurden in den vergangenen Tagenim Pazundaung-Fluss in Rangun Leichen von Mönchen entdeckt.

Waffenembargo gefordert

Das Regime spricht bislang lediglich von zehn Toten bei der Niederschlagung des Aufstands in der letzten Septemberwoche. Dissendenten gehen dagegen inzwischen von mehr als 200 Opfern aus.

Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch (HRW) hat den UN-Sicherheitsrat am Donnerstagaufgerufen, ein Waffenembargo gegen die Militärmachthaber in Birma zu verhängen. Der für Asien zuständige HRW-Direktor Brad James forderte am Donnerstag, vor allem Indien, China und Russland müssten ihre Haltung ändern. "Statt die unterdrückerischen Generäle Birmas weiterhin zu unterstützen,sollten sich China und Russland den anderen Mitgliedern des Sicherheitsrates anschließen", sagte er.

Indien hat der Organisation zufolge der Junta in diesem Jahr Panzer und Kanonen verkauft, also Waffen, die inGuerilla-Kriegen in den Grenzregionen eingesetzt werden. Auch China habe die Machthaber mit Waffenlieferungen unterstützt. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich am Mittwoch nicht zu einer offiziellen Verurteilung der Niederschlagung der Proteste im September durchringen können. China und Russland dürften sichgegen jegliches formelle Einschreiten des Gremiums stellen, wiesie es bereits im Januar getan hatten.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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