Bildungsbericht:"Vergeudung menschlicher Potenziale"

Lesezeit: 2 min

Von der Bildungsfront nichts Gutes: Zu viele brechen in Deutschland die Schule ab, zu wenig machen Abitur. Kindern aus armen Familien werden nicht genug gefördert.

Die SPD-Bundestagsfraktion sehe sich von den im Bildungsbericht der Länder-Kultusminister aufgezeigten Mängel in ihrer Forderung nach umfassenden Reformen bestätigt, sagte der bildungspolitische Sprecher des SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss.

Die Kultusminister wollen bei ihrem Treffen in Darmstadt heute erstmals einen eigenen "Bildungsbericht für Deutschland" vorlegen. Die von der Bundesregierung dabei angebotene Zusammenarbeit hatten sie ausgeschlagen.

Wissenschaftler beklagen Fehlentwicklungen

Die mit dem Bericht beauftragten Wissenschaftler warnen in ihrer über 300 Seiten umfassenden Analyse vor "schwerwiegenden Fehlentwicklungen". Während weltweit der Bedarf an Höchstqualifizierten weiter steige, stagniere in Deutschland die ohnehin viel zu geringe Akademikerzahl seit Jahren. Auch gebe es zu wenig Förderung für Ausländerkinder und Schüler aus armen Familien.

Diese "Vergeudung menschlicher Potenziale" könne sich die Bundesrepublik angesichts des deutlichen Geburtenrückganges nicht länger leisten, heißt es in dem vorab bekannt gewordenen Bericht.

Die Kultusminister der Länder dringen angesichts der kritischen Berichte über schulische Leistungen auf Priorität für die Bildungsausgaben trotz aller Sparmaßnahmen. Das sagte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) und hessische Ressortchefin Karin Wolff

Priorität für Bildungsausgaben gefordert

Wolff wies darauf hin, dass der in Darmstadt beratene erste "Bildungsbericht für Deutschland" keine neuen Erkenntnisse enthält, sondern die aus der Pisa-Studie, einer Untersuchung der OECD und weiterer Erhebungen zusammenfasst. Erste Folgerungen daraus seien ja bereits gezogen worden.

Die CDU-Politikerin verwies auf die gestiegene Förderung für Kinder aus Migrationsfamilien, Sprachförderung im Kindergarten und Vorschulbereich sowie die Lehrerfortbildung. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass es mit bloßem "Hebelumlegen" eine schnelle Lösung gäbe. Entsprechende Programme brauchten in der Regel zehn bis 15 Jahre um zu wirken..

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte wie die SPD als Konsequenz aus dem Bericht die Einberufung eines unabhängigen wissenschaftlichen "Sachverständigenrats Bildung". Dieser sollte im Auftrag des Bundestages regelmäßig über alle Bildungsbereiche berichten und Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen und Weiterbildung geben.

"Der Bildungsbericht der Kultusminister ist zwar als erster Schritt wichtig, reicht aber nicht aus, weil er nur die Schulen berücksichtigt", erklärte die GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange. "Zwischen den Zeilen" des Berichtes sei obendrein zu lesen, "dass die verantwortlichen Wissenschaftler in vielen Aussagen gerne hätten deutlicher werden wollen."

Die Vize-Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD), sagte am Rande der Konferenz, in Deutschland müsse die Förderung der Kinder künftig viel früher einsetzen. Auch müsse es mehr individuelle Lernhilfen und Förderung für Schwache wie auch für Begabte geben. So ließen sich wie in anderen Industriestaaten mehr Abiturienten gewinnen.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: