Bildschirmverbot für Kommissar Ehrlicher:Tatort Bundestag

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Schauspieler Peter Sodann wird in Sachsen als Spitzenkandidat der PDS antreten. Bisky und Gysi hätten ihn angesprochen, nun wolle er Farbe bekennen. Der MDR hat mit einem Bildschirmverbot reagiert.

Der als Kommissar Ehrlicher im ARD-Tatort bekannt gewordene Darsteller Peter Sodann hat angekündigt, er werde als parteiloser Kandidat antreten, nachdem unter anderem Bisky und der ehemalige PDS-Chef Gregor Gysi ihn angesprochen hätten.

"Freiheit ist, sich für alles verantwortlich zu fühlen", deshalb bekenne er jetzt Farbe.

Wenn er dazu beitragen könne, dass die Linke in den nächsten Bundestag einzieht, "würde mich das freuen", sagte der 69-jährige Sodann vor Journalisten in Berlin. Er fügte hinzu: "Ich war schon immer ein politischer Mensch."

Er sagte, vielleicht habe er mit seinem Wechsel zur PDS Freunde verloren. "Aber dann waren es keine. Vielleicht finde ich dann neue ... Muss ich noch etwas sagen?"

Laut PDS-Chef Lothar Bisky soll Sodann Spitzenkandidat der Partei in Sachsen werden.

Tatort-Zukunft noch offen

Sodann kündigte an, trotz seiner Bundestagskandidatur auch weiterhin als Tatort-Kommissar auftreten zu wollen. Nach seinen Worten soll es bei den drei Ehrlicher-Folgen pro Jahr bleiben.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) verhängte unterdessen laut einem Bericht des "Tagesspiegel" ein Bildschirmverbot.

Die ARD-Anstalt verwies zur Begründung für ihren Schritt auf eine ARD-Richtlinie, der der Mitarbeiter, die für ein politisches Amt kandidierten, sechs Wochen vor einer Wahl "Bildschirmverbot" hätten. Da Sodanns nächste Tatort" Folge erst am 30. Oktober, also nach der geplanten Neuwahl, laufen solle, seien zwei Wiederholungen im NDR und im RBB betroffen.

Der MDR weiß nach Angaben seiner Sprecherin Birthe Gogarten noch nicht, was mit der bereits abgedrehten "Tatort"-Folge geschieht, wenn Sodann bis dahin im Bundestag sitze. Unklar sei auch, ob die Dreharbeiten für neue Folgen wie geplant im Spätsommer aufgenommen würden. So einen Fall habe es noch nicht gegeben, hieß es.

Auch Kritik an der Entscheidung des Darsteller des "Tatort"-Kommissars Bruno Ehrlicher wurde laut. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung Sodanns, auf der Liste der PDS für den Bundestag zu kandidieren: "Peter Sodann lässt sich als Schaubühne für abgehalfterte Politiker missbrauchen", sagte sie der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Sowohl Gregor Gysi als auch Oskar Lafontaine werden den Karren nicht aus dem Dreck ziehen", meinte sie.

Der ehemalige Bürgerrechtler und sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz zeigte sich über Sodanns Schritt menschlich enttäuscht. "Frustration ist ein schlechter Ratgeber", sagte er der "Leipziger Volkszeitung".

Christian Führer, Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, der Sodann von den Dreharbeiten zum Film nach Erich Loests Roman "Nikolaikirche" kennt, will zunächst mit ihm reden und sich die Beweggründe erläutern lassen. "Doch dass die Menschen hier zu Lande dank linker Parteieninitiative und fragwürdigem Bundestags-Prozedere immer mehr verwirrt werden, steht fraglos fest", sagte Führer. "Ich hoffe nur, dass das bei einer möglichen Wahl nicht noch mehr zu Politikverdrossenheit führt."

Auch Hans-Werner Hohnert, Geschäftsführer der die Sodann-"Tatort"-Folgen produzierenden Saxonia Media GmbH Leipzig, traf der Entschluss des Schauspielers unvorbereitet: "Peter ist immer für eine Überraschung gut. Peter bleibt eben Peter. Die immer mehr auseinander gehende Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land regt ihn wahnsinnig auf. Für seine neue Arbeit kann ich ihm nur toi, toi, toi wünschen. Er weiß aber, dass er zuerst seine Verträge bei uns und erst dann seine politischen erfüllen kann", sagte er der "LVZ".

Dass Sodann ausgerechnet für die PDS kandidiert, stört Hohnert nicht. "Das ist ganz allein seine Entscheidung." Man lebe im übrigen zum Glück in einer Zeit, in der man für den Ausspruch "Die Regierung muss weg" nicht mehr in den Knast, sondern sogar in den Bundestag einziehen könne.

Auf der Pressekonferenz mit Sodann kündigte WASG-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine an, das Linksbündnis werde gegen die Reform-Agenda 2010 kämpfen.

Das sei eine Politik des Sozialabbaus und "nichts anderes als eine Umverteilung von unten nach oben", sagte Lafontaine bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit cin Berlin.

Ziel: Drittstärkste Kraft im Bundestag

Das Linksbündnis aus PDS und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) wolle im Bundestag Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner vertreten. Das seien Millionen von Wählern.

Lafontaine sagte, man wolle drittstärkste Kraft im Bundestag werden. Er könne "jeden Satz des PDS-Programms unterschreiben". CDU und CSU sprach er die Eignung ab, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Das Wahlmanifest der SPD nannte er ein "Manifest der Unglaubwürdigkeit". Der "Linksschwenk" der SPD sei völlig unglaubwürdig.

Bisky sagte, er wisse um die Kritik in seiner Partei an dem Zusammenschluss mit der WASG. Diese dürfe "uns nicht daran hindern, die Kräfte der Linken zu bündeln".Denn Fakt sei, dass "noch nie eine Partei in Deutschland noch vor ihrer Entstehung so viel Hoffnung auf sich vereint " habe.

Der PDS-Chef erklärte, der Entwurf des Wahlprogramms werde zum Sonderparteitag am 17. Juli vorgestellt. Er sei zuversichtlich, dass die Basis dann auch der Umbenennung in Linkspartei zustimmen werde.

Lafontaine wies erneut die Kritik an dem von ihm verwendeten Begriff des "Fremdarbeiters" zurück. Dieser Begriff sei auch auf der Internet-Seite der SPD zu lesen gewesen. "Dann muss man schon gleiche Maßstäbe anlegen."

Gleichzeitig räumte der WASG-Spitzenkandidat ein, er werde bei seiner Wortwahl "zukünftig darauf achten, dass keine Missverständnisse entstehen".

Bisky sagte: "Ich selber verwende den Begriff nicht." Er müsse aber Lafontaine nicht laufend einen "chemischen Filter von der PDS" vorlegen. Es sei aber infam, Lafontaine Fremdenfeindlichkeit vorzuwerfen.

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