Bienen-Volksbegehren:Geld statt Verbote

Lesezeit: 2 min

Wie Baden-Württembergs grün-schwarze Koalition das Bienen-Volksbegehren stoppte. Und was nun auf die Landwirtschaft zukommt.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Über sie wird nun nicht abgestimmt: Biene auf einer Sonnenblume in Niedersachsen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der Umgang mit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" zeigt recht beispielhaft, wie die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg Krisen überwindet: Man halte scheinbar unvereinbare Positionen nicht für unvereinbar, setze die Kontrahenten an einen Tisch, um die Dinge ernsthaft auszudiskutieren, und gebe im Zweifel noch einige Millionen Euro dazu. Über allem steht das Motto: lieber Kompromiss als Konfrontation. Nach diesem Leitsatz haben sich Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Mittwochnachmittag mit den Trägern des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" auf eine Alternative zum Gesetzentwurf des Volksbegehrens geeinigt, der auch die Bauernverbände zustimmen konnten. Die Eckpunkte für diese Alternative enthalten Ziele zum Verzicht auf Pestizide und zum Ausbau von Ökolandbau, die bundesweit Maßstäbe setzen, aber niemandem so richtig weh tun, weil sie hauptsächlich auf Freiwilligkeit setzen. Das umstrittene Bienen-Volksbegehren wird nun mitten im laufenden Verfahren gestoppt.

Nicht nur Bauern sahen das Volksbegehren als Bedrohung für die konventionelle Landwirtschaft, weil es ein weitgehendes Pestizidverbot in Landschaftsschutzgebieten vorsah. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnte das Pestizidverbot als realitätsfern und gefährlich für die Landwirtschaft ab, sympathisierte aber mit dem grundsätzlichen Anliegen der Artenschützer. Er gab als Kurs für die Landesregierung aus, alles zu tun, um eine Volksabstimmung über zwei konkurrierende Vorschläge zu vermeiden.

Nun will sich das Land gesetzlich dazu verpflichten, bis zum Jahr 2030 die Menge der eingesetzten chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel landesweit um 40 bis 50 Prozent zu senken. Gleichzeitig will das Land den Anteil der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent steigern, der momentan bei 14 Prozent liegt. Damit das gelingt, soll zugleich mehr für die Vermarktung ökologisch erzeugter Produkte getan werden. Außerdem will die Landesregierung dafür werben, dass landwirtschaftliche Betriebe fünf Prozent ihrer Fläche für den Artenschutz als sogenannten Refugialflächen zur Verfügung stellen - freiwillig und gegen einen finanziellen Ausgleich. Mit den Kommunen will das Land bis zum Jahr 2030 auf 15 Prozent der Landesfläche einen Biotopverbund schaffen. Einzig in Naturschutzgebieten sollen Pestizide von 2022 an verboten sein, wobei Ausnahmen vorgesehen sind, etwa wenn eine wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht oder eine Schädlingsplage durchs Land zieht. Außerhalb der Naturschutzgebiete will das Land Pestizide in Privatgärten verbieten - kann hier aber nur eine Bundesratsinitiative starten. Bei den Bauern setzt Grün-Schwarz auf finanzielle Anreize. Für einzelne Betriebe soll es keine Reduktionsvorgaben geben, wer mitmacht, wird mit Geld belohnt. Um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, will das Land "passende Rahmenbedingungen" schaffen und diese nachbessern, falls die vereinbarten Evaluierungen nicht zufriedenstellend ausfallen sollten. Es soll Musterbetriebe geben, das Landwirtschaftsministerium will auch Fachberater für Pflanzenschutz und die Anschaffung neuer Technik finanzieren. Insgesamt 60 Millionen Euro werden in den kommenden beiden Jahren zur Umsetzung der Ziele bereitgestellt. Um den Kompromiss haben die Minister mit den Bienenfreunden einerseits und mehreren Landwirtschaftsverbänden andererseits mehrere Wochen lang gerungen. Das Ergebnis bezeichnen beide Seiten als Erfolg, wobei die Bauernverbände skeptisch bleiben: Sie halten die Ziele für zu hoch gegriffen, wollen sich aber auf den Weg dahin einlassen. Die Naturschutzverbände wollen die Umsetzung kritisch begleiten.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: