Besuch in Berlin:Iraks Präsident wirbt für Erlass der Altschulden

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Beim Antrittsbesuch in Berlin hat der irakische Übergangspräsident al Jawar darauf gedrängt, die Schulden seines Landes großzügig zu erlassen. Die Gläubigerstaaten wollen am Freitag in Paris über den Umfang eines Schuldenerlasses entscheiden.

Nach einem Treffen mit Bundespräsident Horst Köhler in Berlin sagte der Übergangspräsident al Jawar, die neue irakische Führung müsse die Lebensbedingungen der Bevölkerung rasch verbessern und für Stabilität im Lande sorgen.

Deshalb sei für Bagdad eine Streichung der Schulden eines der wichtigsten Themen, sagte al Jawar. Auf seinem Programm standen auch Gespräche mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joschka Fischer und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Der Vorstoß des irakischen Präsidenten kommt nicht von ungefähr: Beim Treffen des Pariser Clubs der Gläubigerstaaten soll an diesem Freitag versucht werden, den offenen Streit über die Irak-Altschulden in Höhe von bis zu 120 Milliarden US-Dollar zu lösen. Wegen der völlig festgefahrenen Positionen stehen die Chancen dafür jedoch schlecht.

Irak schuldet Deutschland 5,3 Milliarden Dollar

Die Regierungen in Washington und London dringen auf eine Streichung von 95 Prozent der Irak-Schulden. Frankreich will mit Hinweis auf die riesigen irakischen Ölreserven bislang jedoch höchstens einer Streichung von 50 Prozent zustimmen.

Deutschland nimmt eine mittlere Position ein. Der Irak hat bei Deutschland Schulden in Höhe von 5,3 Milliarden Dollar - einschließlich der aufgelaufenen Verzugszinsen.

Diskutiert wird derzeit über einen Stufenplan: Danach sollen in einem ersten Schritt 50 Prozent der Schulden erlassen und weitere Streichungen von Fortschritten bei der Demokratisierung abhängig gemacht werden.

Nach Köhlers Worten wird Berlin international sein Gewicht einbringen, "um ein Hilfskonzept, das natürlich auch Schuldenerleichterung beinhalten muss, zu erreichen". Er verwies darauf, dass Deutschland die Ausbildung von irakischen Polizisten weiter unterstützen wolle.

Eine Entsendung von Soldaten schließt Berlin aber aus. Wieczorek-Zeul teilte mit, fast 200 irakische Fachleute würden in ein deutsch-ägyptisches Technikerprogramm aufgenommen. Nach ihren Angaben wird Berlin auch an der nächsten Irak-Geberkonferenz im Oktober in Tokio teilnehmen.

"All das zeigt, dass wir es ernst meinen mit unserer Unterstützung für einen souveränen Irak", sagte Wieczorek-Zeul. Jawar versicherte, dass es ungeachtet der weiter kritischen Sicherheitslage im Irak bei den für Januar 2005 geplanten Wahlen bleiben soll.

Jawar besucht noch Madrid, London und Brüssel

Gesprächsthema war auch die Beteiligung der deutschen Wirtschaft am Wiederaufbau des Landes. Derzeit sind 60 deutsche Firmen im Irak aktiv.

Der irakische Ministerpräsident Ijad Allawi wird noch in diesem Herbst in Berlin erwartet. Zur Vorbereitung von Jawars Besuch hatten beide Länder wieder volle diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Der seit Juni als Staatsoberhaupt in Bagdad amtierende sunnitische Stammesscheich besucht im Rahmen seiner Europa-Reise noch Madrid, London und die EU in Brüssel.

Gespräche in Paris waren ohne Angabe von Gründen kurzfristig abgesagt worden. Der Berlin-Besuch fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt.

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