Bestechungsprozess:"Pfahls war ein ausführendes Rad am Wagen"

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Der frühere Bundesjustiz- und Außenminister Klaus Kinkel hat den wegen Bestechlichkeit angeklagten Ludwig-Holger Pfahls entlastet. Nach Kinkels Angaben hatte der Ex-Rüstungsstaatssekretär keinen Einfluss auf einen umstrittenen Panzer-Export nach Saudi-Arabien.

Der wegen Bestechlichkeit angeklagte Ex-Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls hatte nach Angaben des ehemaligen Bundesjustiz- und Außenministers Klaus Kinkel (FDP) keinen Einfluss auf einen umstrittenen Panzer-Export nach Saudi-Arabien.

"Pfahls war ein ausführendes Rad am Wagen", sagte Kinkel als Zeuge vor dem Landgericht Augsburg.

Kinkel bestätigte damit die Darstellung von Pfahls. Dieser hatte sich selbst auch nur als ausführendes Organ dargestellt und betont, der Export von 36 "Fuchs"-Panzern aus Beständen der Bundeswehr nach Saudi-Arabien sei "Chefsache" des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) gewesen.

Der frühere CSU-Politiker Pfahls ist angeklagt, für das Panzer-Geschäft von dem nach Kanada geflüchteten Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber rund zwei Millionen Euro Bestechungsgeld kassiert und nicht versteuert zu haben.

Pfahls hat die Annahme von Schmiergeld in dieser Größenordnung gestanden, er bestreitet aber den Vorwurf der Bestechlichkeit. Damit käme auch der nur geringer bestrafte Tatbestand der Vorteilsannahme in Betracht.

Eine Entscheidung des Kanzlers

Kinkel sagte aus, der damalige Kanzler Kohl habe Anfang der 90er Jahre die politische Grundsatzentscheidung getroffen und den Panzerexport mit dem damaligen US-Außenminister James Baker vereinbart.

Für Pfahls habe es keinerlei Spielraum gegeben, die dazu nötige Entscheidung des Bundessicherheitsrates zu beeinflussen.

Er selbst habe an der Sitzung des Gremiums zwar teilgenommen, sei bei der Abstimmung aber von seinem Staatssekretär vertreten worden, sagte Kinkel.

Er habe die Ausnahmegenehmigung für den Export angesichts der internationalen Lage damals für nichts Außergewöhnliches gehalten. Zwar habe Pfahls in der damaligen Regierung eine wichtige Rolle gehabt, sei aber sicher nicht ständig bei Kohl ein- und ausgegangen.

Verteidiger sind Entlastung

Pfahls-Verteidiger Volker Hoffmann wertete Kinkels Aussage als Entlastung für seinen Mandanten.

Staatsanwalt Christoph Wiesner betonte dagegen, es gehe nicht um die politische Entscheidung, sondern darum, dass der ehemalige CSU-Politiker eine schnelle Lieferung aus Bundeswehrbeständen ermöglicht habe, bevor Thyssen Neufahrzeuge herstellen konnte. Dafür habe ihm der Thyssen-Lobbyist Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld gezahlt.

Pfahls will das Geld nach eigenen Angaben ohne Gegenleistung angenommen haben. Auf die Frage, warum Schreiber dies gemacht haben soll, sagte Verteidiger Hoffmann: "Abstrakt gesagt, man kann auch jemanden anfüttern."

Auch der in die Leuna-Affäre verwickelte Geschäftsmann Dieter Holzer hatte als Zeuge betont, dass der Panzer-Export in einem Vier-Augen-Gespräch zwischen Kohl und Baker vereinbart worden sei.

Dies habe ihm Baker persönlich bestätigt, als er selbst ihn 1995 bei einem Treffen darauf angesprochen habe, sagte Holzer.

Insofern habe Pfahls gar nicht bestochen werden können, weil die Angelegenheit auf höchster Ebene längst entschieden worden sei, erklärte der Zeuge.

Streit zwischen Kinkel und dem Richter

Kinkel zeigte sich verärgert, dass das Gericht seiner Bitte nach Verzicht auf Zeugenvorladung nicht entsprochen habe. Er habe sieben Stunden mit der Bahn anreisen müssen, obwohl er den Vorgang nur aus der Aktenlage rekonstruieren könne und keine eigene konkrete Erinnerung mehr habe, beschwerte sich der Ex-Minister.

Richter Maximilian Hofmeister hatte dem FDP-Politiker eine scharfe Rüge erteilt, weil Kinkel sich bei seiner Zeugenaussage zunächst weigerte, wegen des starken Aufgebots von Fotografen und Kamerateams den Gerichtssaal zu betreten. Hofmeister nannte das Verhalten Kinkels "ungebührlich" gegenüber dem Gericht, worauf es zu einem hitzigen Wortgefecht mit dem Zeugen kam.

Das Gericht und die Zuschauer hatten sich bereits mehrere Minuten lang erhoben, ehe Kinkel den Saal betrat. "Normalerweise hat der Zeuge auf das Gericht zu warten - und nicht das Gericht auf den Zeugen", sagte Hofmeister.

Als ehemaliger Bundesjustizminister sei von Kinkel zu erwarten, dass er die Strafprozessordnung kenne. Als schließlich auch noch während der Zeugenaussage, das Handy des FDP-Politikers klingelte, sagte Hofmeister, dies "passt" zu dessen Verhalten.

"Herr Dr. Kinkel, wir sind hier vor Gericht; da gelten andere Regeln, als in den Gremien, in denen Sie sich sonst bewegen", rügte der Richter.

Kinkel hatte zuvor erkennbar missmutig den Gerichtssaal betreten, während die Kameras noch im Saal zugelassen waren. Der Ex-Minister verteidigte sich, er habe nicht mitbekommen, dass das Gericht schon bereit sei und kritisierte Hofmeisters heftige Reaktion als "ungewöhnlich".

Am 3. August soll Alt-Kanzler Kohl in den Zeugenstand treten.

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