Berlin und die Gewalt im Nahen Osten:Zwei Kriege, eine Position

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Die deutsche Regierung stellt sich auch jetzt eindeutig hinter Israel, wie schon 2006, während des Libanon-Krieges. Damals regte sich allerdings auch Kritik im Bundeskabinett.

Nico Fried, Berlin

Den Äußerungen der Kanzlerin fehlte es nicht an Deutlichkeit. Israel habe ein "Recht, sich zu verteidigen", sagte Angela Merkel. Später stellte sie eine Art Reihenfolge zur Deeskalation auf: Erst wenn unter anderem der Beschuss israelischen Territoriums mit Raketen ein Ende habe, könne auch Israel seine Angriffe einstellen.

Vertreten hinsichtlich des Nahen Ostens gleiche Standpunkte: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Stellvertreter und Rivale Frank-Walter Steinmeier (SPD) (Foto: Foto: dpa)

"Terroristische Kräfte und diejenigen, die sie unterstützen, dürfen keine Chance bekommen, im Nahen Osten ein Chaos anzurichten", so die Kanzlerin. Das war im Juli 2006, nachdem die israelische Luftwaffe im Libanon eine Offensive gegen die radikal-islamistische Hisbollah gestartet hatte.

Zweieinhalb Jahre später, in ihrer ersten Stellungnahme zu den israelischen Angriffen im Gaza-Streifen, klingt Merkel nicht anders. Die Verantwortung für die Lage in der Region liege "eindeutig und ausschließlich" bei der Hamas, ließ Merkel ihren Vize-Regierungssprecher Thomas Steg ausrichten. Dies sei der Kanzlerin "sehr wichtig".

In einem Telefonat mit dem israelischen Premierminister Ehud Olmert habe Merkel aber auch bekräftigt, "dass alles dafür getan werden muss, um zivile Opfer in dieser Situation zu vermeiden".

Eine Nuance Unterschied

Es gibt eine Menge Parallelen zwischen den israelischen Militäraktionen im Sommer 2006 und Ende 2008 - auch was die Haltung Deutschlands betrifft. Wie niemand anderes in Europa stellt sich die Bundesregierung eindeutig auf die Seite Israels.

Schon vor Merkel hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Wochenende den Ton vorgegeben, den Beschuss israelischer Orte im Süden des Landes als "unerträglich" bezeichnet und dessen sofortiges Ende gefordert. Von Israel erwartete Steinmeier lediglich, "das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu respektieren und alles zu tun, um zivile Opfer zu vermeiden".

Die Kanzlerin hat ihre Solidarität mit Israel stets hervorgehoben. Sie hat sich damit in Israel und bei Juden in aller Welt viel Respekt erworben, der sich in verschiedenen Ehrungen manifestierte.

Und sie hat mit Premierminister Ehud Olmert ein persönliches Verhältnis aufgebaut, wie sie es wohl mit keinem seiner Nachfolger so leicht wieder hinkriegen dürfte. Als erste Regierungschefin durfte Merkel in der Knesset sprechen, dem israelischen Parlament - auf Deutsch.

In Steinmeiers Haltung zu Israel und dem Nahen Osten gibt es prinzipiell keinen Unterschied - mit einer Nuance: Schon länger versucht der Minister gegen die Skepsis der Kanzlerin, Syrien zu ermutigen, sich konstruktiv im Nahen Osten einzubringen und sich nicht mehr von Iran gängeln zu lassen.

Auch am Dienstag telefonierte Steinmeier mit seinem Kollegen in Damaskus, Walid Muallim. Nach Gesprächen mit seinen französischen und ägyptischen Amtskollegen sowie dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak brachte Steinmeier erstmals eine "humanitäre Waffenruhe" ins Gespräch, um Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen zu erleichtern.

Parallele mit Grenzen

Die israelfreundliche Position Merkels und Steinmeiers, auch das lehrt 2006, bringt zuerst den Außenminister in Bedrängnis. In der SPD mehrten sich damals sehr schnell die Stimmen, die einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand forderten und sich damit in Opposition zum eigenen Minister setzten.

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sprach damals sogar von einem "völkerrechtlich völlig inakzeptablen" Vorgehen der Israelis, weil im Libanon auch zivile Einrichtungen und Zivilisten getroffen würden.

Damals wie heute geht es zudem nicht nur um die Folgen der unmittelbaren Kampfhandlungen. 2006 stand auch das Überleben der demokratischen Regierung des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora auf dem Spiel, dem Merkel stets den Rücken stärkte.

Diesmal macht vor allem Außenminister Steinmeier immer wieder deutlich, dass der Konflikt nicht die Verhandlungen zwischen Israel und der palästinensischen Autonomie-Regierung von Präsident Mahmud Abbas gefährden dürfe, die seit der Konferenz in Annapolis in Gang gekommen sind.

Eine Parallele aber dürfte bald an ihre Grenzen stoßen: 2006 beteiligte sich Deutschland auf ausdrückliche Bitte Ehud Olmerts mit der Marine an der UN-Friedenstruppe Unifil.

Dass es im Gaza-Streifen zur Stationierung einer internationalen Truppe kommt, ist an sich schon unwahrscheinlich. Dass sich die Bundeswehr daran beteiligen könnte, gilt als nahezu ausgeschlossen.

© SZ vom 31. Dezember 2008 / 1. Januar 2009/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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