Berlin-Spandau:Grabkerzen

Lesezeit: 1 min

Wie jeden Sommer wollen Neonazis an den einstigen Hitler-Stellvertreter erinnern. Verbieten lässt sich das nicht, aber die Auflagen der Polizei sind klar formuliert.

Die Berliner Polizei hat sich akribisch vorbereitet auf die unerwünschten Gäste. Verbieten lässt sich die Demonstration nicht, aber die Auflagen kann man ja sehr klar formulieren. Und auch die gewünschte Wegstrecke wurde den Anmeldern der Demo verweigert. Verboten sind also ein durch Trommeln erzeugter Marschtakt, Marschmusik, Fackeln und offenes Feuer. Außerdem Uniformen und gleichartige Kleidung sowie dunkle Springerstiefel und Bomberjacken in bestimmten Farben. Positive Aussagen zum NS-Regime oder Gewaltaufrufe müssen ebenso unterbleiben. Und vor allem dies: "Jede Verherrlichung von Rudolf Heß in Wort, Schrift oder Bild wird untersagt", heißt es in dem Auflagenbescheid der Polizei. Erlaubt sind z nur "kleine tropfsichere Kerzen (z. B. Grabkerzen)".

Wie jeden Sommer wollen also Neonazis in Berlin-Spandau an den einstigen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß erinnern. Der saß bekanntlich als letzter Großnazi bis zu seinem Tod am 17. August 1987 im Kriegsverbrechergefängnis der Alliierten. Im Alter von 93 Jahren nahm er sich das Leben. Für diesen Samstag sind 500 Teilnehmer angemeldet, 500 weitere Teilnehmer wollen im Bezirk Mitte aufmarschieren.

Die Behörden wollen die Heß-Freunde auch so weit weg halten vom Ort, wo einst das Gefängnis stand und haben eine weit davon entfernte Route vorgesehen. Die Polizei begründete ihre Entscheidung unter anderem mit der früher angemeldeten Gegendemonstration, die ebenfalls dort stattfinden soll und zu der deutlich mehr Teilnehmer erwartet werden. Allerdings hat der Anmelder angekündigt, die Entscheidung der Polizei über die Route beim Verwaltungsgericht anzufechten. Für Samstagmorgen haben Grüne, Linke, Gewerkschaften und Initiativen zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen angemeldet. Zur größten Veranstaltung sind 4000 Teilnehmer angegeben. Zudem gibt es Gegendemonstrationen in Mitte. Vor einem Jahr zogen zum 30. Todestag von Heß Hunderte Neonazis durch Spandau, sie wurden jedoch von zahlreichen Gegendemonstranten gestoppt.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte bedauert, dass die Veranstaltung nicht verboten werden kann. Aber versichert: "Die Polizei wird die Einhaltung der Auflagen streng kontrollieren und mögliche Verstöße ahnden."

© SZ vom 17.08.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: