Benedikt XVI. in Ankara:Papst für Aufnahme der Türkei in die EU

Lesezeit: 3 min

Zu Beginn seiner Türkei-Reise machte das Oberhaupt der katholischen Kirche ein besonderes Gastgeschenk: Nach Worten von Ministerpräsident Erdogan sprach sich der Papst für eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei aus.

Vor der Presse am Flughafen sagte Erdogan nach einem Gespräch mit dem Papst, er habe Benedikt XVI. um seine Unterstützung im türkischen EU-Beitrittsprozess gebeten.

Darauf hätte dieser gesagt, "dass er zwar kein Politiker sei, dass er aber wünsche, dass die Türkei in die EU komme", so Erdogan. "Das ist im Protokoll festgehalten", fügte der Ministerpräsident hinzu.

"Ich habe ihm (dem Papst) gesagt, dass der Islam eine Religion des Friedens, der Toleranz und der Liebe ist. Und ich habe gesehen, dass er diese Auffassung teilt."

Anschließend legte Benedikt XVI. abgeschirmt von der Öffentlichkeit einen Kranz im Atatürk-Mausoleum nieder.

In das Gästebuch schrieb er unter Bezugnahme auf einen berühmte Atatürk-Ausspruch: "Frieden zu Hause, Frieden in der Welt". Er schließe sich dankbar den Worten des Gründers der türkischen Republik an, "in einem Land, das Treffpunkt der Religionen und Kulturen, Brücke zwischen Asien und Europa ist".

Zuvor hatte der türkische Premier den Papst am Flughafen empfangen. Es gelten höchste Sicherheitsvorkehrungen: Von den Behörden wurde Benedikt als "stark gefährdet" eingestuft.

"Ich komme in die Türkei, um die Begegnung der Kulturen und die Arbeit für den Frieden zu unterstützen", sagte Benedikt direkt nach seiner Ankunft.

Ziel seiner viertägigen Reise sei es, "die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Türkei zu vertiefen".

Am Nachmittag trifft er den Chef der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu. Dabei dürften auch die umstrittenen Äußerungen des Papstes zum Thema Islam und Gewalt zur Sprache kommen. Bardakoglu hatte die Ausführungen Benedikts in Regensburg scharf kritisiert und eine Entschuldigung verlangt.

Benedikt XVI. hat seinen Besuch im Vorfeld als "Reise des Dialogs, der Brüderlichkeit und der Versöhnung" bezeichnet. Er reise in einem schwierigen Moment der Geschichte, sagte der Papst am Dienstag kurz vor seinem Abflug nach Ankara auf dem Flughafen Leonardo da Vinci von Rom.

Wenige Minuten später startete seine Maschine in Richtung Ankara. Der Papst betonte, es handele sich nicht um eine politische Reise, sondern um eine pastorale, bei der es um den Dialog und die gemeinsame Verantwortung für den Frieden gehe.

Der Dialog sei einer "zwischen den Kulturen, zwischen dem Christentum und dem Islam, ein Dialog mit unseren christlichen Brüdern, besonders mit der orthodoxen Kirche von Konstantinopel". Der Papst fügte hinzu: "Die Türkei war schon immer eine Brücke zwischen den Kulturen und ein Ort für Treffen und den Dialog."

15.000 Polizisten zum Schutz Benedikts

Zum Schutz des Papstes sind mehr als 15.000 Polizisten im Einsatz. Er wird von den Behörden als "stark gefährdet" eingestuft. Die Sicherheitsvorkehrungen sind schärfer als beim Besuch vieler Staatschefs.

Schon als die Maschine des Papstes heute in den türkischen Luftraum eintrat, wurde sie von Kampffliegern bis zur Landung in Ankara begleitet. Scharfschützen werden entlang der Route stationiert, die der gepanzerte Wagen des Papstes entlang fährt. Der Fernsehsender CNN-Türk meldete, im Konvoi des Papstes solle ein Frequenzstörer mitreisen, der auf Knopfdruck sämtliche Handys in der Umgebung arbeitsunfähig machen könne.

Der Besuch in Istanbul von Mittwoch bis Freitag gilt als besonders heikel. Benedikt wird dort den Ökumenischen Patriarchen der orthodoxen Christen, Bartholomäos, treffen. Marineeinheiten sollen in Booten das Goldene Horn und den Bosporus patrouillieren, Stadtteile werden teilweise abgeriegelt. An allen Straßen rund um das vatikanische Konsulat in Istanbul wurden Überwachungskameras installiert.

Erdogan begrüßt den Papst

Gleich nach der Ankunft am Flughafen in Ankara wurde der Papst nun doch vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan empfangen. Mit dieser Entscheidung reagierte Erdogan am Montag auf den Vorwurf, er weiche einem Treffen aus.

Benedikt, der in seiner Regensburger Rede einen byzantinischen Kaiser aus dem 14. Jahrhundert mit den Worten zitiert hatte, Mohammed habe "nur Schlechtes und Inhumanes" gebracht, hatte Bedauern geäußert, seine Worte aber nicht zurückgenommen.

In Istanbul demonstrierten am Sonntag etwa 30.000 Menschen gegen den Besuch des Papstes, allerdings weit weniger als ursprünglich erwartet. Höhepunkt des ersten Besuchstages, an dem der Papst das Mausoleum des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk aufsucht und dem Staatspräsidenten Ahmet Necdet Sezer einen Höflichkeitsbesuch abstattet, ist die Unterredung mit Bardakoglu an dessen Amtssitz in Ankara.

Gespräch über Religionsfreiheit

Nach dem Abstecher nach Ephesus, wo Mutter Maria der Überlieferung nach die letzten Jahre ihres Lebens verbracht haben soll, trifft Benedikt in Istanbul den orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I.

Bei dieser und anderen Begegnungen mit religiösen Führern der nichtmuslimischen Minderheiten will Benedikt dem Vernehmen nach das kritische Thema Religionsfreiheit zur Sprache bringen. Christliche Kirchen haben in der Türkei keinen anerkannten Rechtsstatus und dürfen keine Priester ausbilden. Zum weiteren Programm des Papstes zählen ein Besuch der Hagia Sophia und der "Blauen Moschee" in Istanbul.

© dpa/sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: