Bemannter Flug zum Mars:Russische Rakete in zehn Jahren startbereit

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Nachdem US-Präsident George W. Bush seine ambitionierten Weltraumpläne vorgestellt hat, wollen auch die Russen ihre Marsforschung wieder aufnehmen. Unterdessen wachsen Skepsis und Kritik an der "etwas zu optimistischen" Bush-Rede.

Die Raumfahrtagentur Rosawiakosmos werde in ihr Programm bis 2015 voraussichtlich wieder Projekte zur Erforschung von Mond und Mars aufnehmen, sagte der stellvertretende Behördenchef Nikolai Moissejew in Moskau.

Eine bereits entwickelte russische Rakete für einen bemannten Flug zum Mars könne in zehn Jahren startbereit sein, sagte ein Vertreter des Raketenbaukonzerns Energija. Allerdings sollte der Mars am besten in Gemeinschaftsarbeit erschlossen werden wie bei der Internationalen Raumstation ISS. Die russischen technischen Lösungen für eine Mars- Expedition seien wesentlich billiger als die amerikanischen, sagte der Energija-Sprecher.

Die Ende der 1970er Jahre abgebrochene russische Mondforschung könne binnen weniger Jahre wieder angekurbelt werden, erklärte Roald Kremnjow, Direktor des Lawotschkin-Instituts für Raumforschung. "Wir haben unsere technischen Ausarbeitungen dazu über 30 Jahre lang auf dem neuesten Stand gehalten."

Die Sowjetunion hatte den jahrzehntelangen Wettbewerb mit den USA um die Vorherrschaft im Weltraum aufgeben müssen, als das Geld ausging und der Staat zerfiel. Dennoch verfügt Russland weiter über die größte Erfahrung mit Langzeitaufenthalten im Weltraum.

In den USA stößt die Bush-Rede unterdessen nicht nur auf Begeisterung. Bereits zuvor hatte eine Umfrage gezeigt, dass gut die Hälfte der Amerikaner der Ansicht ist, Geld besser für Bildungsprogramme und die Gesundheitsfürsorge auszugeben, als für teure Raumfahrtprogramme.

Selbst der Bruder des 1963 ermordeten Präsidenten Kennedy, Senator Edward Kennedy - eigentlich ein Befürworter der Raumfahrt - gibt sich eher ablehnend: "Wir sollten nicht in den Weltraum hinausgehen und das (Geld) opfern, was wir hier auf der Erde benötigen."

Beobachter sehen denn Bushs Vorstoß zu Beginn des Wahljahres als einen Versuch, von heimischen und internationalen Problemen seiner Amtszeit abzulenken.

"Geringer Ertrag bei immensen Kosten"

Auch der Leiter der an der aktuellen Nasa-Marsmission beteiligten Abteilung des Mainzer Max-Planck-Instituts bewertet künftige bemannte Mars-Missionen skeptisch. "Vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus ist der Ertrag gemessen an den immensen Kosten relativ gering", sagte Professor Günter Lugmair.

Lugmair zufolge sei diese "etwas zu optimistische" Rede Bushs vor dem Hintergrund der kommenden Wahlen, aber auch der begrenzten Ressourcen des US-Haushalts zu bewerten. "Man muss bedenken, dass bemannte Raumfahrt unheimlich kostspielig ist", sagte der Leiter der Abteilung Kosmochemie. Zudem seien Infrastruktur und Technologie seiner Ansicht nach noch nicht so weit, dass Menschen in absehbarer Zeit auf den Mars reisen könnten.

Auch für einen Shuttle-Verkehr zum Mond seien bei weiten noch nicht alle infrastrukturellen und technologischen Fragen gelöst. "Es gibt noch so viele unerforschte Dinge in der bemannten Raumfahrt", gab der Wissenschaftler zu bedenken. Insbesondere bei Marsmissionen sei auch die Strahlen- und muskuläre Belastung der Raumfahrer zu bedenken: "Es ist ja nicht nur ein kleiner Sprung zum Mond."

Europäer wollen mit Amerikanern zusammenarbeiten

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hofft dagegen, gemeinsam mit den USA die Rückkehr auf den Mond und einen bemannten Flug zum Roten Planeten Mars vorbereiten zu können. "Das ist eine bedeutende und gute Nachricht", sagte der Generaldirektor der ESA, Jean-Jacques Dordain, in Paris.

Auch die Europäer planten mit dem Programm "Aurora" erst einen Flug von Raumfahrern zum Erdtrabanten und dann etwa 2030 eine bemannte Mission zum Mars, erinnerte Dordain. "Wir arbeiten täglich mit der US-Raumfahrtorganisation Nasa zusammen", sagte Dordain. "Bei allem Wettbewerb ist der Weltraum ein ausgezeichnetes Feld der Zusammenarbeit", sagte er weiter. "Es ist dabei normal, dass die Amerikaner den Kalender dafür festlegen", würdigte der ESA-Generaldirektor die Erfahrung der Raumfahrtnation USA.

Der ESA-Generaldirektor zweifelte nicht daran, dass auch die Deutschen bei dem "Aurora"-Programm später mitmachen werden.

Das deutsche Forschungsministerium hat sich allerdings gegen die Flüge von Raumfahrern zum Mond und zum Mars ausgesprochen und stattdessen den Einsatz von Robotern vorgeschlagen.

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