Behandlungsfehler:Von Fehlern und Pfusch

Lesezeit: 2 min

Die Bundesärztekammer hat im vergangenen Jahr 2252 falsche Behandlungen registriert. Ein Schwerpunkt sind Knie- und Hüftgelenksarthrosen.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die Bundesärztekammer hat auch die gestiegene Zahl der Behandlungen in den Krankenhäusern und Arztpraxen für ärztliche Fehler verantwortlich gemacht. In den Kliniken gebe es Dauerstress, 24-Stunden-Dienste, 60-Stunden-Wochen und Überstunden ohne Ende, sagte der Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Andreas Crusius. In den Arztpraxen sehe es oft nicht viel besser aus. So sei die Zahl der ambulanten Behandlungsfälle von 2004 bis 2013 um 157 Millionen auf fast 700 Millionen gestiegen. "Kein Wunder also, dass Ärzte und Pflegekräfte am Limit arbeiten."

Die häufigsten Fehler passieren bei der Behandlung von Knie- und Hüftgelenksarthrosen

Trotz der auch in den vergangenen Jahren weiter gestiegenen Arbeitsbelastung habe die Zahl der Behandlungsfehler nicht zugenommen, die von der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen festgestellt wurden, sagte Crusius, der Vorsitzender des Gremiums ist. 2252 Fehler habe man im vergangenen Jahr festgestellt. In fünf Prozent der Fälle habe dieser Fehler jedoch nicht zu den gesundheitlichen Schäden geführt. In 1854 Fällen hingegen sei das falsche Handeln des Mediziners oder Pflegers die Ursache für Schmerz und Leid ihrer Patienten gewesen. Vor etwa drei Wochen hatte bereits der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) seine Statistik über die Behandlungsfehler vorgelegt. Dort war von 3796 Behandlungsfehlern die Rede. Die beiden Statistiken sind schwer miteinander vergleichbar, weil manche Patienten sich lieber an den MDK wenden, andere lieber an die Ärztekammer. Zum Teil handelt es sich aber auch um dieselben Fälle.

Während es beim MDK zu einer Zunahme von 109 festgestellten Fehlern kam, blieb die Zahl der Ärztekammer weitgehend konstant. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl um neun an. Die häufigsten Fehler machten die Mediziner wie auch schon in den vergangenen Jahren bei der Behandlung von Knie- und Hüftgelenkarthrosen. Diese gehören allerdings auch zu den häufigsten Eingriffen in Deutschland. So wurden im Jahr 2013 im Krankenhaus rund 158 000 Hüftgelenksarthrosen behandelt und 181 000 Kniegelenksarthrosen. Zu häufigen Fehlern kam es aber auch, wenn es um die Behandlung von Brüchen im Unterschenkel, im Sprunggelenk oder im Unterarm ging. In den Praxen kam es bei der Diagnose von Brustkrebs zu den meisten Ärztefehlern.

Crusius wehrte sich dagegen, dass im Zusammenhang mit den Behandlungsfehlern von "Ärztepfusch" gesprochen werde. "Pfusch beinhaltet jedoch immer eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Auswirkungen des eigenen Handelns", sagte er. Das kann man Ärzten nicht vorwerfen, denen ein Fehler unterlaufen ist. Zudem schadeten solche Äußerungen, weil sie eine offene Fehlerkultur im medizinischen Bereich verhinderten. Die Bundesärztekammer unterstütze die Mediziner ausdrücklich dabei, nach einem Fehler schnell das Gespräch mit den betroffenen Patienten zu suchen. Dadurch könne man verhindern, dass zu den körperlichen Beeinträchtigungen auch noch ein psychisches Trauma komme. Doch dazu bedürfe es den Mut der Mediziner.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: