Beckstein zur Terrorgefahr:"Es gibt keinen Grund zur Entwarnung"

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Bayerns Innenminister Beckstein hat nach der Festnahme dreier Terrorverdächtiger vor Anschlägen auf deutsche Objekte im In- und Ausland gewarnt - und Verstärkung für die Polizei gefordert: Die Zahl der sogenannten Cybercops in der Bundesrepublik solle deutlich erhöht werden.

Günther Beckstein mahnt zur Wachsamkeit: Vor allem im Mittleren Osten könne man weitere Attentate nicht ausschließen, sagte Günther Beckstein (CSU) der Passauer Neuen Presse.

In Deutschland gebe es zwar keine Hinweise auf geplante Folgeanschläge, doch auch hier bleibe die Gefährdungslage unverändert hoch. "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung."

Nach Becksteins Angaben gab es bei den Vorbereitungen des vereitelten Terroranschlags auch Verbindungen nach Bayern. "Wir haben seit Monaten mit einer eigenen Spezialeinheit ermittelt", sagte der Innenminister. Dabei habe es auch Durchsuchungen gegeben.

"Islamistische Fanatiker"

Einer der Verdächtigen habe sich erst kürzlich in Bayern aufgehalten, um eine der Kontaktpersonen zu treffen. "Sie haben sich radikale islamistische Internetseiten angesehen. Es handelt sich dabei eindeutig um islamistische Fanatiker", betonte der designierte Ministerpräsident.

Beckstein forderte deshalb erneut die Möglichkeit geheimer Online-Durchsuchungen auf Privatcomputern. "Diese Fahndungsmethode hätte uns auch in diesem Fall helfen können. Die internationalen Zusammenhänge hätten deutlicher verfolgt werden können", sagte er. So wäre man schneller ans Ziel gekommen.

Beckstein forderte die SPD auf, ihren Widerstand gegen die Online-Durchsuchungen endlich aufzugeben. "Das jetzige Abwarten und Zögern der SPD zeigt die Zerrissenheit der Partei. Die Flügelkämpfe der Sozialdemokraten dürfen nicht zu Lasten der inneren Sicherheit in Deutschland gehen", kritisierte er.

Zugleich sprach Beckstein sich dafür aus, mehr Polizisten zur Überwachung des Internets einzusetzen. "Die Zahl der Internet-Polizisten, der sogenannten Cybercops, muss deutlich erhöht werden", sagte er dem Blatt. Die Überwachung von Parkverbotszonen müsse dabei unter Umständen zurückstehen.

Suche nach Verdächtigen

Unterdessen geht die Fahndung nach den Kontaktpersonen der mutmaßlichen Terroristen, die festgenommen wurden, weiter: Nach den vereitelten Terrorplänen in Deutschland suchen die Sicherheitsbehörden noch "etwa zehn" Hintermänner.

Innenstaatssekretär August Hanning sprach an diesem Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin" von einem Netzwerk und sagte, es handele sich um Deutsche, Türken und Verdächtige anderer Nationalitäten.

Nach den Worten von BKA-Präsident Jörg Ziercke hatten die Terroristen offenbar vor allem Flughäfen als Anschlagsziele im Visier. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble warnte jedoch vor Terror-Panik und betonte, er glaube nicht an eine real erhöhte Gefährdung.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erklärte am Donnerstagvormittag auf Anfrage, bislang habe es keine weiteren Festnahmen gegeben. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hanning, sagte in dem Fernsehinterview, die zehn gesuchten Hintermänner seien "das Netzwerk, das wir derzeit kennen." Die Ermittler versuchten, alle Personen im Hintergrund der vereitelten Terrorpläne zu identifizieren. Die Fahndung laufe, Neuigkeiten gebe es derzeit nicht.

Von dieser Terrorzelle gehe derzeit keine Gefahr mehr aus. "Aber es bleibt natürlich die grundsätzliche Bedrohung. Es bleibt der Auftrag, in Deutschland Anschläge durchzuführen, und dieser Auftrag beunruhigt uns", fügte Hanning hinzu.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Ziercke, sagte ebenfalls im ARD-"Morgenmagazin": "Es bestand konkret keine Gefährdung von Flughäfen, aber die Absicht der Täter ging in diese Richtung." Auch die Wahl der Basis der Terrorverdächtigen in einem entlegenen Ort im Sauerland wertete Ziercke als Hinweis auf mögliche Ziele eines Anschlags.

Die Verdächtigen hätten sich dorthin zurückgezogen, um sich einer Überwachung zu entziehen. "Aber möglicherweise wollte man auch näher an mögliche Anschlagsorte heran, um von dort aus zeitnah agieren zu können. Insoweit ist das vielleicht ein Hinweis darauf gewesen, wo dieser Anschlag tatsächlich stattfinden sollte", sagte er. US-Einrichtungen hätten für die Verdächtigen im Vordergrund gestanden.

Die Festnahme der drei Verdächtigen wertete Ziercke als Teilerfolg. "Die Gefahrenspitze ist abgebrochen, was den konkreten Fall angeht", sagte er. Doch müsse man nun das Umfeld und das Netzwerk der Tatverdächtigen untersuchen. Die 40 Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Festnahmen hätten dazu gedient, die Kontaktpersonen der Gruppe zu finden. Diese habe hochkonspirativ agiert und mit Observierung gerechnet.

Schäuble sorgt sich um Konvertiten

Der schon aus Großbritannien bekannte sogenannte homegrown terrorism (hausgemachte Terrorismus) sei auch in Deutschland ein Problem. Man müsse stärker in die Milieus vordringen, in denen diese jungen Menschen aufwüchsen. Dazu bedürfe es des Dialogs mit den islamischen Gemeinden, sagte Ziercke.

Bundesinnenminister Schäuble warnte in der Bild-Zeitung vor einer Gefahr durch radikale Konvertiten zum Islam. "Man denkt, wer hier aufwächst und die großen Vorteile unserer freien Gesellschaft genießt, ist immun. Aber einige sind für Radikalisierung empfänglich", wird der CDU-Politiker zitiert. Dies seien gefährliche und fanatische Leute mit hoher krimineller Energie, erklärte Schäuble. "Das besorgt mich sehr."

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