Bayerisches Kabinett:Stoiber spart sich ein Ministerium

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Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber legt das Umwelt- und Verbraucherschutzministerium zusammen und stellt den bisherigen Umweltminister Werner Schnappauf an die Spitze. Opfer der Kabinettsbildung: Justizminister Manfred Weiß und Europaminister Reinhold Bocklet. Sie werden nicht mehr berufen.

(SZ vom 14.10.2003) Ministerpräsident Edmund Stoiber hat seine Kabinettsbildung mit einer weiteren Überraschung abgeschlossen. Neuer Europaminister in der Staatskanzlei soll der bisherige Verbraucherschutzminister Eberhard Sinner werden. Umwelt- und Verbraucherschutzministerium werden zusammengelegt und vom bisherigen Umweltminister Werner Schnappauf geleitet. Opfer der Kabinettsbildung sind Justizminister Manfred Weiß und Europaminister Reinhold Bocklet, die Stoiber nicht mehr berufen hat. Auch Umweltstaatsekretärin Erika Görlitz wurde nicht mehr berücksichtigt.

Gewinner der neuen Regierung

In der letzten Runde seiner Regierungsbildung hat Stoiber ganz eindeutig dem Reginalproporz Tribut geschuldet, der in der CSU immer besonders wichtig war. So wurde überraschend auf der letzten Etappe doch ein Staatssekretär im Finanzministerium installiert. Diese Position übernimmt der Passauer Abgeordnete Franz Meyer. Damit werden die Niederbayern im Kabinett aufgewertet, die bisher nur mit ihrem Bezirkschef Erwin Huber vertreten waren.

Auch die Oberpfalz wird mit einem zusätzlichen Kabinettsposten versorgt. Die Europaabgeordnete Emilia Müller soll neue Staatssekretärin im erweiterten Umweltministerium werden. Für das Sozialministerium ist ein Oberfranke als Staatssekretär vorgesehen. Nach Informationen der SZ kommt dort der Abgeordnete Jürgen Heike aus Neustadt bei Coburg zum Zuge.

Ein neuer Superminister

Eindeutige Gewinner der Kabinettsneubildung sind Staatskanzlei-Chef Erwin Huber und Wirtschaftsminister Otto Wiesheu. Huber wird zum Superminister aufgewertet und soll sich künftig als Bundesratsminister sowohl um die Abstimmung der Reformthemen im Unionslager kümmern als auch für die von Stoiber geplante durchgreifende Verwaltungsreform in Bayern zuständig sein. Mit dieser Verwaltungsreform wird auch begründet, warum Stoiber das Verbraucherschutzministerium dem Umweltressort zuschlägt und damit die Zahl der Ministerien verkleinert. Wer unten Einschnitte plane, müsse auch auf der obersten Ebene mit guten Beispiel vorangehen, hieß es in München. Aber auch Wirtschaftsminister Otto Wiesheu wurde von Stoiber klar gestärkt. Er bekam nicht nur den Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie aus der Staatskanzlei zurück. Wiesheu wird künftig auch noch für die Landesplanung zuständig sein, die bisher zum Umweltministerium gehörte.

Altes Ministerium mit neuen Namen

Das Europaministerium, das weiter in der Staatskanzlei angesiedelt bleibt, soll einen neuen politischen Schwerpunkt bekommen und firmiert künftig als Ministerium für Europa und regionale Beziehungen. Hintergrund dieser Überlegungen ist die EU-Osterweiterung, die Bayern stark betreffen wird. Wegen der langen gemeinsamen Grenzen mit den neuen Beitrittsländern und den befürchteten Auswirkungen vor allem für den bayerischen Arbeitsmarkt durch das starke Lohngefälle zu den neuen EU-Ländern gilt diesem Thema Stoibers besondere Aufmerksamkeit. Es sei sehr wichtig, zu den Regierungen in den Beitrittsländern einen guten Draht herzustellen, hieß es in CSU-Kreisen. Außerdem soll das Europaministerium auch für die gesamten internationalen Beziehungen Bayerns außerhalb Europas zuständig sein.

Dass aber ausgerechnet der ausgewiesene Europa-Experte Reinhold Bocklet geopfert wurde, während der neue Europaminister Eberhard Sinner bisher noch nicht als Fachmann für die komplizierte Europa-Materie aufgefallen ist, dürfte noch Fragen auslösen. Das offizielle Erklärungsmuster lautet, dass bei einer Verkleinerung der Ministerien nun mal ein Minister zu viel an Bord sei und dass Stoiber ein spezielles Problem mit dem starken Oberbayern-Anteil in seiner Regierung gehabt habe. Unter den Oberbayern hatte Bocklet offenbar die schwächste Lobby.

© <i>Von Peter Fahrenholz</i> - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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