Barack Obama als Jura-Professor:Politiker im Professorengewand

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Als Professor an der Chicago Law School galten die Ambitionen Barack Obamas nicht der Justiz, sondern vor allem seiner Politiker-Karriere.

Der junge Jura-Professor Barack Obama war ein Querulant: An einer Schule, wo ökonomische Analysen auf der Tagesordnung standen, unterrichtete er Recht und diskutierte Rassen- und Geschlechterfragen, berichtet die amerikanische Tageszeitung New York Times (NYT). Andere Mitglieder der Fakultät träumten von einer festen Anstellung, er lehnte sie ab. Während die meisten Kollegen etliche Essays publizierten, beendete er nicht eine einzige seiner Arbeiten.

Barack Obama arbeitete schon während seiner Professur an der Chicago Law School an seiner politischen Karriere. (Foto: Foto: AP)

In der Fakultät soll Obama selten gewesen sein. Lieber scherzte er mit Studenten über ihr Beziehungsleben. Im einen Moment diskutierte er einen Rechtsfall, im nächsten den Film "Der Pate". Er war ein rätselhafter Mensch, der die Mitglieder seiner Fakultät über seine Vorstellungen oft im Unklaren ließ, erinnern sich ehemalige Kollegen in der NYT.

Obama, Senator im US-Bundesstaat Illinois und Präsidentschafts-Kandidat der Demokraten, unterrichtete zwölf Jahre lang an der "University of Chicago Law School". Während aufstrebende Politiker die akademischen Hallen gleich nach dem Studium verlassen und einige vielversprechende, junge Juristen ich durch die juristischen Institutionen des Staats quälen, mischte Obama in beidem mit. Er splittete seine Woche zwischen der Elite-Schule und der etwas raueren Atmosphäre des Senats, berichtet die Zeitung.

Der erste schwarze Präsident der "Harvard Law Review"

Barack Obama begann im Jahr 1991 an der Law School. Zuvor studierte er drei Jahre sehr ambitioniert Rechtswissenschaft an der Harvard Law School und wurde dort als erster Afroamerikaner zum Präsidenten der Fachzeitschrift 'Harvard Law Review' gewählt. Obama absolvierte sogar mit der Gesamtbewertung magna cum laude. Er habe laut der NYT seine Stelle in Chicago dem konservativen Gelehrten Michael W. McConnell zu verdanken. Als Präsident der 'Harward Law Review' hat Obama seinen Förderer mit Vorschlägen zu einigen Rechts-Paragraphen sehr beeindruckt. Die Law School habe ihm darauf ihre Verbundenheit ausgesprochen. Er bekam ein eigenes Büro und einen Computer, auf dem er seine Memoiren "Dreams from my father" tippte, so das Blatt weiter.

Vor seiner Lieblingsklasse verfeinerte Obama seinen Redestil, seine Kunst zu debattieren und seinen Glauben. "Er hat seine Ideen im Klassenraum getestet", zitiert die NYT seinen ehemaligen Kollegen Dennis Hutchinson.

Er sei sehr beliebt an der Law School gewesen. Doch einige seiner Kollegen fühlten sich getäuscht, weil er sich nie voll engagiert hat. "Sein ganzes Leben war er immer ein sehr guter Zuhörer und hat vieles hinterfragt, aber er hat sich nie zu Höhenflügen aufgeschwungen", sagt Richard Epstein, ein liberaler Kollege der NYT, der sich oft danach gesehen hat, dass Obama über seine "ideologischen und thematischen Komfortzonen", wie er es nennt, hinausgeht.

Drei Mal die Woche trafen sich, laut Angaben der NYT, Professoren in der Mittagspause an einem runden Tisch im Club der Fakultät. Dort teilten und diskutierten sie die Ergebnisse ihrer Seminare. Barack Obama habe an diesen Treffen selten teilgenommen, auch wenn er gerade in der Stadt war. Solange es nur um das Brötchenverdienen geht, sei ihm das Unterrichten genehm gewesen. Aber im Grunde habe er anderes im Sinn gehabt, sagen Kollegen: seine politische Karriere. In den zwölf Jahren an der Law School manövrierte er sich durch fünf Wahlkämpfe.

Obama hatte eine entwaffnende Art

Einer der beliebtesten Kurse, die er unterrichtete, drehte sich um Rassismus und Recht. Obama stellte angeblich aus dem Stehgreif ein eigenes Lehrbuch zusammen. Es enthielt neben bekannten Rechtsfällen auch Aufsätze von Martin Luther King und Malcom X. Er engagierte sich eifrig dafür, die Schrecken der Vergangenheit aufzuarbeiten und zu verstehen, sagen seine Studenten. Bei einer seiner Arbeiten ging es um Rassismus-Opfer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA verfolgt, gefoltert und getötet wurden.

Angesichts dieser gewichtigen Themen, habe Obama eine sehr entwaffnende Art gehabt, so die NYT. Er habe keine Studenten niedergemacht und sei bekannt für offene und spannende Diskussionen gewesen. Dieser Ruf verbreitete sich unter den Studenten und seine Vorlesungen platzten aus allen Nähten und Obama bekam durchweg positive Bewertungen. Einige Studenten bezeichneten sich sogar als seine "Groupies".

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Als Obama an seiner politischen Karriere bastelte und sie weiter ausbauen wollte, wurden seine so-genannten "Groupies" zum Kern seiner Unterstützer. Sie verteilten Flugblätter und beherbergten Spendensammler in ihren bescheidenen Apartments. Es war eine hoffnungslose Kampagne, die Obama schließlich verlor. Er sprach darüber nie vor seiner Klasse. Seine Kollegen merkten aber, dass er erschöpft wirkte und mehr rauchte als üblich, sagten sie der NYT.

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Danach habe ihm die Fakultät das bisher beste Angebot gemacht: Eine feste Anstellung, und ein nettes Gehalt, das die 60.000 Dollar, die er im State Senat oder die 60.000 Dollar, die er als Teilzeit-Lehrer verdiente, übersteigen sollte. Obama lehnte nach Informationen der Zeitung das Angebot ab, bewarb sich zwei Jahre später für den Senat und habe seitdem nie mehr unterrichtet.

"Früher hat es mehr Spaß gemacht, ihm zuzuhören"

Jetzt dämmert es Obamas früheren Studenten, dass er damals als Professor bereits Material gesammelt hat, das ihm für seine politische Zukunft nützlich werden könnte. Er habe schon damals in seinen Kursen viele Themen angesprochen, die er auch jetzt bei seiner Kampagne für das Präsidentenamt zur Sprache bringt, weiß eine seiner ehemaligen Studentinnen Mary Ellen Callahan: "Selbstbestimmung als Gegensatz zur Bevormundung, die Kraft der Zahlen und sein Konzept zur gesellschaftlichen Entwicklung."

Als Professor stellte sich Obama immer schwierigen Themen, sagen seine Studenten der NYT. Er zeigte laut ihnen, dass auch die best-begründeten Regeln unbeabsichtigte Auswirkungen haben, dass Rechtsstreitigkeiten nicht immer gelöst werden können und dass ein Gesetz, das im einen Fall gerecht ist, im nächsten unfair sein kann.

"Wenn er über Punkte in seinen Wahlreden spricht, dann sind sie um einiges simpler gestrickt, als die Ideen, zu denen er eigentlich fähig ist", sagt der ehemalige Student Byron Rodriguez der amerikanischen Zeitung, "Früher hat es mehr Spaß gemacht, ihm zuzuhören".

So zucken sogar ehemalige begeisterte Studenten Obamas zusammen, wenn sie ihn als den Politiker reden hören, der er nach seiner Professur geworden ist.

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