Bamf:Überqualifiziert: ja, unterbezahlt: nein

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Ein Asyl-Entscheider beim Bundesamt beruft sich auf eine Tarifklausel und will mehr Geld - das Gericht weist seine Klage jedoch ab.

Von Bernd Kastner, Regensburg

Händeringend hat das Asyl-Bundesamt (Bamf) vor zwei Jahren, in der Hochphase der Flüchtlingskrise, Mitarbeiter gesucht. Man warb sogar Soldaten an, das Amt wuchs von 2000 auf zwischenzeitlich 10 000 Mitarbeiter. Angesichts der enormen Personalnot beruft sich ein Asyl-Entscheider der Außenstelle Regensburg auf eine neue Tarifklausel und hat das Bamf verklagt: Peter R. will bei seiner Erfahrung nicht akzeptieren, als Berufsanfänger behandelt zu werden. Er fordert mehr "Wertschätzung" für jene Mitarbeiter, die dem Bamf in großer Not geholfen haben. Würde er gewinnen und in eine höhere Stufe eingruppiert, könnte dies Präzedenzwirkung auf viele andere Bamf-Mitarbeiter haben. Das Arbeitsgericht Regensburg aber hat am Dienstag angekündigt, die Klage abzuweisen.

R. will nicht akzeptieren, mit so viel Erfahrung als Berufsanfänger behandelt zu werden

Der Prozess taucht in die Tiefen des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst ein, es geht um eine Klausel, die seit März 2016 gilt; R. wurde im April 2016 eingestellt, wie so viele andere befristet auf zwei Jahre, mit etwa 3300 Euro Bruttogehalt. Um in eine höhere Gehaltsstufe zu kommen, definiert der Tarifvertrag Voraussetzungen. Zunächst, dass die Einstellung eines Mitarbeiters nötig sein müsse, um den Personalbedarf zu decken. Was angesichts der Not des Asyl-Bundesamts wie eine Selbstverständlichkeit wirkt, wird vor Gericht diffizil: Es müsse nicht genügend oder zu gering qualifizierte Bewerber geben. Klägeranwalt Rainer Roth verweist auf öffentliche Statements der Bamf-Führung, wonach die Entscheider schwer oder nicht zu finden seien. In Regensburg seien einige Planstellen nicht besetzt gewesen. Die Bamf-Juristin betont jedoch, dass man auf Peter R. nicht angewiesen gewesen sei: "Wir hatten keinen Bewerbermangel." Dass gewisse Stellen unbesetzt blieben, liege allein an interner Umplanung.

Dieser Argumentation schließt sich das Gericht an: Ein Arbeitgeber habe das Recht, Stellen so zu besetzen, wie er das für nötig halte, Plan hin oder her: "Wenn der Arbeitgeber die Stellen nicht besetzen will, dann gibt es keinen Personalbedarf." Das Argument des Klägers, dass die Bundesregierung sogar den Bundestag über die Probleme bei der Entscheider-Rekrutierung informiert habe, lässt das Gericht nicht gelten: Die politische Sphäre sei vor Gericht nicht relevant. Das Bamf verweist auch darauf, Entscheider generell nicht höher einzugruppieren. Nur in der Pressestelle habe man drei neue Mitarbeiter hochgestuft, weil man sonst niemanden gefunden hätte. Das sei Personalbedarf im Sinne der Tarifklausel.

Dass Peter R. mit 59 Jahren und einer beachtlichen Vita zum Asylamt kam, um, wie er sagt, nach Jahren im Management jetzt etwas für die Gesellschaft zu tun, hilft ihm ebenfalls nicht weiter. Seine Erfahrung als Finanzbeamter, geprüfter Steuerberater, Chef einer öffentlich-rechtlichen und einer privaten Firma sowie als selbständiger Unternehmensberater sei nicht als "förderliche" Tätigkeit zu werten, so das Gericht. Ein Geschäftsführer habe ganz andere Aufgaben als ein Asyl-Entscheider. So bekommt Peter R. vom Gericht zwar bestätigt, dass er "wahrscheinlich überqualifiziert" sei als Entscheider. Die gewünschte "Wertschätzung" in Form einer höheren Gehaltsstufe bleibt ihm in erster Instanz aber versagt.

© SZ vom 20.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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