Bagdad:Autobombe explodiert vor jordanischer Botschaft

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Bei der Explosion einer Autobombe vor der jordanischen Botschaft in Bagdad sind mindestens elf Menschen ums Leben gekommen und fast 60 verletzt worden. Es war der bisher schwerste Anschlag seit dem Kriegsende. Über die Hintergründe der Tat ist bislang nichts bekannt.

(SZ vom 8.8. 2003) - US-Oberbefehlshaber Ricardo Sanchez hatte zuvor mehr Rücksicht bei Razzien angekündigt. Die Amerikaner hätten mit dem "Vorgehen der eisernen Hand" die Bevölkerung gegen sich aufgebracht.

Einem irakischen Polizisten zufolge explodierte die offenbar ferngezündete Autobombe mit gewaltiger Wucht. Der Anschlagsort wurde verwüstet, viele Autos wurden zerstört.

Die Mauer um das Botschaftsgebäude wurde stellenweise weggerissen. "Es gibt einige professionell arbeitende Terroristen im Irak", erklärte Sanchez.

US-Außenminister Colin Powell erklärte, die Welt müsse gemeinsam handeln, um solche Terrorakte zu verhindern.

Nach Angaben des Iskan-Krankenhauses und der Klinik Jarmuk in Bagdad wurden mindestens elf Menschen getötet, unter ihnen zwei Kinder. 57 Personen wurden verletzt, davon 20 schwer.

Sturm irakischer Jünglinge

Nach der Explosion stürmte eine Gruppe junger Iraker auf das Botschaftsgelände und zerriss Poster mit Bildern des jordanischen Königs Abdullah II.

Über die Hintergründe der Tat war zunächst nichts bekannt.

Vor einer Woche hatten zwei Töchter des entmachteten irakischen Staatschefs Saddam Hussein in Jordanien Asyl gefunden. Die Regierung in Amman leugnete jedoch einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen.

Jordanien gehört zu den engsten Verbündeten der USA im Nahen Osten. Aus dem Krieg im Irak hatte sich das Nachbarland zwar herausgehalten; Amman erlaubte Washington aber die Stationierung von 6000 Soldaten.

Amman: Feiger Akt

Der jordanische Informationsminister Nabil Scharif nannte das Attentat einen "feigen terroristischen Akt".

Der Anschlag werde Amman noch in seiner Entschlossenheit bekräftigen, der irakischen Bevölkerung dabei zu helfen, für "Sicherheit und Stabilität" zu sorgen. Ein hoher jordanischer Regierungsbeamter sagte, das präparierte Auto sei mit Raketen beschossen worden.

Kurz nach dem Anschlag kam es in der Bagdader Innenstadt zu einem Gefecht. US-Soldaten feuerten auf ein zweistöckiges Gebäude, aus dem sie mit Granaten beschossen worden waren. Mindestens acht Panzerfahrzeuge und zwei Kampfhubschrauber belagerten das Haus, das in Flammen aufging.

Bereits in der Nacht zuvor war es im Bagdader Stadtteil El Raschid zu einem Schusswechsel gekommen. Dabei starben zwei US-Soldaten der Ersten Panzerdivision. Ein weiterer Soldat und ein irakischer Dolmetscher wurden verwundet.

Am Donnerstag wurden bei einem neuen Feuergefecht in einer wichtigen Geschäftsstraße Bagdads drei US-Soldaten verletzt. Ein Iraker wurde getötet.

US-Oberbefehlshaber Sanchez sagte, es gebe "vielfache Anzeichen" dafür, dass "unser Vorgehen der eisernen Hand die Iraker zu entfremden begonnen" habe.

Die amerikanischen Truppen hätten bei ihren Großfahndungen nach Anhängern des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein nicht genug Rücksicht auf irakische Kultur und Tradition genommen, räumte er in der New York Times ein.

Dies habe die Befragung von örtlichen irakischen Führungskräften ergeben. Diese hätten erklärt, dass die Armee, wenn sie "einen Vater vor seiner Familie fasst und ihm einen Sack über den Kopf zieht und ihn auf den Boden drückt", diesem Würde und Respekt nehme. Dies ziehe häufig Racheakte nach sich.

USA wollen rücksichtsvoller vorgehen

Die US-Armee werde bei ihren Razzien künftig mehr Rücksicht walten lassen, kündigte Sanchez an. So solle bei Hausdurchsuchungen ab sofort zunächst angeklopft und nicht mehr einfach die Tür eingerissen werden. Zudem solle künftig ein irakischer Dolmetscher die amerikanischen Truppen begleiten.

Russland präzisierte unterdessen seine Anforderungen an eine neue UN-Resolution zum Irak, die Moskau zur Bedingung für eine Beteiligung am Wiederaufbau des Landes macht.

Die Resolution müsse einen klaren Zeitplan für die Verabschiedung einer Verfassung und demokratische Wahlen enthalten, sagte Außenminister Igor Iwanow. "Im Rahmen eines solchen Prozesses wäre es möglich, den irakischen Verwaltungsrat als Übergangsregierung anzuerkennen."

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