BA-Finanzskandal:"Ich fühle mich von Alt verarscht"

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Vorstandsmitglied Alt soll schon früh von der Kosten-Explosion beim Aufbau der Online-Stellenbörse der Bundesagentur für Arbeit gewusst haben. BA-Chef Weise beteuert derweil seine Unschuld an dem Debakel.

Ein hochrangiger BA-Mitarbeiter warf Alt nach Informationen der Welt vor, spätestens seit dem 27. August 2003 die Kostensteigerungen gekannt zu haben. Dies sei aktenkundig. Zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass die Jobbörse 114,6 Millionen Euro kosten werde.

"Wir wussten von vornherein, dass die 65 Millionen Euro nur die Karosserie sind. Die Räder, das Lenkrad, die Sitze, das muss alles noch rangebaut werden", sagte der leitende BA-Mitarbeiter der Zeitung. Heinrich Alt ist im Vorstand für die Arbeitsmarktpolitik und damit auch für das neue Internet-Portal zuständig.

BA-Verwaltungsratsmitglied Stephan Götzl sagte den Nürnberger Nachrichten: "Ich fühle mich von Alt verarscht." Er habe mehrfach von Alt Informationen über die Kosten zum Virtuellen Arbeitsmarkt erbeten, sei aber ohne klare Auskunft abgespeist worden. "Für mich stellt sich die Frage nach seiner Verantwortung", fügte Götzl hinzu, der die Arbeitgeberseite im BA-Aufsichtsgremium vertritt.

Zweifel an den von Weise genannten Zahlen

BA-Chef Frank-Jürgen Weise wies jegliche Verantwortung für den Skandal um die Internet-Jobbörse "Virtueller Arbeitsmarkt" zurück. Unterdessen wuchs die Verwirrung über die tatsächliche Kostensteigerungen bei dem Internet-Projekt.

Weise sagte der Neuen Ruhr/Neuen Rhein-Zeitung: "Ich war zu keiner Zeit im Zeitraum 2000 bis 2003 technisch wie fachlich an der Planung und Projektsteuerung beteiligt. Ich trage keine persönliche Verantwortung."

Zweifel äußerte das mit dem Aufbau der Online-Jobbörse beauftragte Unternehmen Accenture an den von Weise genannten Zahlen zur Kostenexplosion. Das Unternehmen gehe weiterhin von 125 Millionen Euro aus.

Die von Weise genannte Zahl von 165 Millionen Euro sei ihm unverständlich, sagte Accenture-Geschäftsführer Holger Bill. Aus Sicht des Unternehmens belaufen sich die Kostensteigerungen nicht auf 100 Millionen, sondern lediglich auf 48 Millionen Euro.

Weise erwägt Neuausschreibung

Nach Angaben des Accenture-Chefs ist für nächste Woche ein Treffen auf Geschäftsführungsebene zwischen seinem Unternehmen und der Nürnberger Bundesagentur geplant. Dort soll geklärt werden wie es mit dem Projekt weitergehe. BA-Chef Weise erwägt laut Spiegel zwar eine Neuausschreibung der Online-Stellenbörse.

Nach einem Bericht von Focus sieht er aber kaum Möglichkeiten für einen Ausstieg aus den umstrittenen Verträgen: "Eine Entwicklung, die so weit fortgeschritten ist, kann von keinem anderen übernommen werden."

Weise hatte den Ausbau des Virtuellen Arbeitsmarktes Mitte vergangener Woche wegen unkalkulierbarer Kostenrisiken gestoppt und zugleich den bisherigen Projektleiter Jürgen Koch von seinen Aufgaben entbunden. Weise hatte sich dabei auf eine BA-interne Risikoanalyse berufen.

Die Online-Stelle-Börse, die den veralteten Arbeitnehmer und Stellen-Informations-Service (AIS und SIS) der BA Ende vergangenen Jahres abgelöst hatte, gilt als eine zentrale Säule des BA-Umbaus in einen moderne Dienstleister.

dpa/AP/AFP

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