Austritte:Rabatt für junge Gläubige

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Die Evangelische Kirche denkt über ihre Steuereinnahmen und Senkungen für junge Menschen nach.

"Kirche auf gutem Grund" - mit diesem Slogan ist ein Grundsatzpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) betitelt, das auf der Synode im November beraten werden soll. Der Grund wird immer dünner - 270 000 Protestanten kehrten ihrer Kirche im vergangenen Jahr den Rücken. Mit "elf Leitsätzen" im Reformpapier will man sich auf eine schrumpfende Kirche und schwindende Finanzen einstellen. Einer der Vorschläge wird nun schon vor der Synode diskutiert: ein Kirchensteuerrabatt für junge Leute.

"Junge Menschen brauchen am Anfang des Berufslebens und in der Phase der Familiengründung Entlastungsmöglichkeiten", heißt es in Ziffer sieben des Papiers. "Spielräume bei der Kirchensteuerpflicht sollten genutzt werden (z. B. Begrenzung der jährlichen Höhe, eine (lebens)zeitliche Höchstgrenze, zusätzliche Möglichkeiten der Mitbestimmung bei der Verwendung)." Viele junge Menschen seien mit Studium und Ausbildung beschäftigt und verlören womöglich den Kontakt zur Kirche, sagte jetzt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm der Welt: "Und wenn sie dann ihr erstes Gehalt bekommen, fragen sie sich, warum sie Kirchensteuern zahlen sollen und treten aus." Die Kirche stelle sich daher die "Frage, was wir tun können, um die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen in möglichst hoher Zahl in der Kirche zu halten".

Synoden-Präses Irmgard Schwaetzer hatte wegen der Corona-Pandemie allein für 2020 einen Rückgang der Kirchensteuer um 10 bis 25 Prozent prognostiziert. Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer, in Baden-Württemberg und Bayern acht Prozent. Sie wird auch auf Kapitalerträge erhoben. Der Beitrag wird über das Finanzamt eingezogen. Der Staat erhält dafür etwa drei Prozent des Steueraufkommens. Die Kirchen finanzieren aus den Einnahmen vor allem die laufenden Kosten für ihr Personal in Seelsorge, Schulen und sozialen Einrichtungen. Kurzarbeiter und Arbeitslose zahlen keine Kirchensteuer.

Der Berliner Bischof Christian Stäblein mahnte, durch Veränderungen bei der Kirchensteuer dürften keine Gerechtigkeitslücken geschaffen werden. Der Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, sagte dem Evangelischen Pressedienst, er glaube nicht, dass ein ermäßigter Satz viele Austritte verhindern würde. "Es geht doch um die Grundentscheidung: Ist mir die Arbeit, die die Kirche tut, es wert, dass ich sie dafür mit einem Teil meines Einkommens unterstütze - oder eben nicht." Die Kirche müsse noch besser darüber informieren, was sie mit dem Geld mache.

© SZ vom 04.08.2020 / EPD/KNA/ZOC - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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