Ausschreitungen in Birma:Zuflucht Peking

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Ausgerechnet das kommunistische China soll nach dem Willen westlicher Politiker auf das birmanische Militärregime einwirken und eine Katastrophe verhindern. Eine Ironie, denn das Blutbad von 1989 in Peking ist noch nicht vergessen.

Henrik Bork

Die größte Hoffnung für Birmas Mönche heißt in diesen Tagen China. Die Regierung in Peking, so fordern UN-Diplomaten und Politiker in vielen Ländern, müsse ihren Einfluss auf das Militärregime nutzen, um ein Massaker zu verhindern. Die Ironie, die darin liegt, ist nicht zu übersehen. Ausgerechnet Peking, das 1989 die Panzer gegen das eigene Volk rollen ließ, soll nun in seinem Nachbarland gegen ein Blutbad kämpfen.

Umso erstaunlicher ist es, dass die chinesische Führung tatsächlich versucht, mäßigend auf die Generäle in Birma einzuwirken. Wie aus diplomatischen Kreisen in der chinesischen Hauptstadt zu erfahren ist, hat Peking die birmanische Junta diskret ermahnt, den Ausgleich mit der Opposition zu suchen. Chinesische Beamte haben sich heimlich mit Vertretern der birmanischen Demokratiebewegung getroffen. Und Peking hat ein Treffen zwischen US-Vizeaußenminister Eric John und Gesandten der Junta arrangiert, in dem über die Freilassung der Volksheldin Aung San Suu Kyi gesprochen worden sein soll.

Diese stille Diplomatie Chinas ist eine lobenswerte Abkehr von seiner bisherigen Politik. Öffentlich wiederholen Regierungssprecher in Peking noch immer reflexartig das Mantra von der ,,Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten'' Birmas. Doch in Wirklichkeit haben sie dieses Prinzip längst aufgegeben.

Chinas Wende bedeutet allerdings nicht, dass seine Herrscher plötzlich ihre Liebe für die Demokratie entdeckt hätten. Vielmehr handeln sie in eigenem Interesse. Chinas enge Beziehungen zu Birma drohten genau wie zuvor schon seine Beziehungen zum Sudan zu einem Stolperstein für die Olympischen Spiele in Peking zu werden. Demokratieaktivisten weltweit hatten begonnen, nach einem Boykott der Spiele zu rufen, falls Peking weiter eine Lösung der Darfur-Frage blockiert. Nach massivem internationalen Druck lenkte China zumindest teilweise ein. Dieses Muster scheint sich nun in Birma zu wiederholen.

Wichtige Rohstoffreserven

Weiterer Grund für die vorsichtige Tuchfühlung Pekings mit der birmanischen Opposition ist kluges Risikomanagement. Auch nach einem eventuellen Regimewechsel in Birma möchte China seinen Zugang zu den dortigen Öl- und Gasvorkommen, Nickel- und Kupferminen behalten. Mindestens siebzehn chinesische Großunternehmen bohren in Birma nach Öl oder Gas, vierzehn andere sind an Staudammprojekten beteiligt. Der Energiehunger hat China zu billigen Krediten und Militärhilfe an Birma getrieben, nicht irgendwelche Sympathien für das Militärregime.

Ob der sanfte Druck aus Peking stark genug sein wird, um in Birma das Schlimmste zu verhindern, ist fraglich. Schon fließt das erste Blut in Rangun. China hat dort mehr Einfluss als irgendein anderes Land, doch es hat davon bislang nur begrenzt Gebrauch gemacht. Es bleibt eine traurige Ironie der Geschichte, dass Birmas Demokraten keine mächtigeren Freunde haben als die undemokratische Regierung in Peking.

© SZ vom 27.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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