Auslandseinsatz der Bundeswehr:Verteidigungsminister in der Defensive

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Verteidigungsminister Jung weicht Fragen nach einer angeblichen Ausweitung der Bundeswehrmission in Afghanistan aus und stellt die deutschen Verdienste um die Stabilisierung im Norden des Landes heraus.

Ivo Marusczyk

Der "Verteidigungsminister" ist in der Defensive. Alle Versuche, die Debatte über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu beenden, waren vergeblich. Und so ist Franz-Josef Jung die Anspannung anzumerken, als er das Podium der Münchner Sicherheitskonferenz betritt. Die Hände zu Fäusten geballt, erste Schweißperlen auf der Stirn: Gibt er nach oder nicht?

Den vorab verteilten Redetext lässt er beiseite. Jung, kein großer Rhetoriker vor dem Herrn, spricht frei und verfällt dabei nur manchmal in sein berüchtigtes hessisches Nuscheln.

Vor den versammelten Außen- und Sicherheitspolitikern verteidigt er den deutschen Einsatz in Afghanistan, verteidigt die Leistungen der Bundeswehr, verteidigt aber auch die Weigerung, mehr Truppen zu stellen.

Gerüchte, nach denen die Bundesregierung eine erhebliche Ausweitung des Einsatzes plant und die Bundeswehr die Kontrolle einer weiteren Provinz übernehmen will, bestätigt Jung nicht. "Unser Mandat ist auf 3500 begrenzt und die Aufteilung der Regionen steht nicht in Frage." Ein hartes Dementi ist das allerdings auch nicht.

"Allein militärisch werden wir in Afghanistan nicht gewinnen"

Als der frühere Bundesumweltminister Trittin ihn direkt fragt, ob es stimme, dass die Zahl der Soldaten auf 4500 steigen soll, weicht Jung holprig aus. Zum Ausmaß zukünftiger Mandate will er nichts sagen.

Jungs Rede hat einen rote Faden: 'Bevor Ihr uns als Drückeberger darstellt, schaut doch erst einmal, was wir im Norden alles auf die Beine stellen.' Diplomatisch formuliert hört sich das so an: "Allein militärisch werden wir in Afghanistan nicht gewinnen."

Die Deutschen seien nicht im Norden, weil es dort ruhig ist - Jung argumentiert, dass der Norden ruhig ist, weil die Deutschen dort sind.

"Ich habe das Gefühl dass die Sicherheitslage auch im Norden schwieriger wird. Allein in Kundus gab es 36 Raketenangriffe. Und auch der schwerste terroristische Angriff der vergangenen Monate, bei dem sechs Abgeordnete getötet wurden, wurde im deutschen Verantwortungsbereich verübt."

Außerdem habe Deutschland die Lücke bei der Luftaufklärung durch seinen Tornado-Einsatz geschlossen. Und stelle Flugzeuge zur Evakuierung in medizinischen Notfällen.

"Bei der Bevölkerung wird zu wenig zur Kenntnis genommen, das wir 28 Millionen von der Herrschaft der Taliban befreit haben. 4,7 Millionen Flüchtlinge sind zurückgekehrt. Nach einer neuen Studie der FU Berlin fühlen sich heute 78 Prozent der Menschen dort wieder sicherer durch die Unterstützung der Nato."

Er erwähnt außerdem die medizinische Versorgung und die Schulen, vor allem für Frauen. Ein Punkt, in dem Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer ihm wenige Minuten später zur Seite springen wird: "Wir sind nicht dabei, den Krieg zu verlieren."

Der Niederländer geht auch ausdrücklich auf den Druck ein, unter dem Deutschland steht. "Es ist nicht fair, immer mit dem Finger auf Deutschland zu zeigen. Deutschland hat Tornados geschickt und stellt jetzt eine Schnelle Eingreiftruppe. Was ich mir allerdings wünschen würde, wäre dass die Einsatz-Beschränkungen wegfallen, so dass die Nato mit größtmöglicher Flexibilität operieren kann."

In einem Punkt gibt Jung dem steigenden Druck ein kleines Stück nach. Auf Kritik am schleppenden Aufbau der Sicherheitskräfte in Afghanistan wird Deutschland regieren: Zum einen sollen 195 Ausbilder für die Polizei an den Hindukusch gesandt werden. Zum anderen kündigt Jung in München an, noch im Laufe des Jahres mehr Ausbilder für die Armee zu entsenden. Von einer Verdreifachung des Personals ist die Rede. Auch dieser Einsatz bleibt aber auf die Nordregion beschränkt.

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