Aufhebung der Sanktionen gegen Kuba:Castro kritisiert europäische "Heuchelei"

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Die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Havanna stößt in Kuba auf Kritik aller Seiten. Sowohl Fidel Castro als auch Dissidenten vermuten unlautere Motive.

Die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Kuba ist sowohl vom früheren Präsidenten Fidel Castro als auch von kubanischen Dissidenten kritisiert worden. Der 81-jährige Revolutionsführer bezeichnete den EU-Beschluss als "Heuchelei".

Fidel Castro am 17. Juni 2008 (Foto: Foto: dpa)

Er "verachte" die "diskreditierende Art", in der die Europäer diesen Schritt vollzogen hätten, schrieb Castro in einem Artikel für das offizielle kubanische Internetportal CubaDebate, der am Sonntag auch von der Parteizeitung Granma veröffentlicht wurde.

Kubanische Dissidenten hatten die Aufhebung der Sanktionen schon zuvor als "heuchlerisch" und von "wirtschaftlichen Interessen" geleitet kritisiert. Die EU-Außenminister hatten beim EU-Gipfel in Brüssel entschieden, die 2003 verhängten Sanktionen aufzuheben, um die Beziehungen zur neuen kubanischen Regierung unter Rául Castro zu normalisieren.

Bei den Sanktionen handelt es sich nicht um Handelsbeschränkungen, sondern um ein Verbot von Kontakten zwischen hochrangigen kubanischen Politikern und der EU. Die Aufhebung wurde jedoch an Bedingungen geknüpft. Die Entscheidung werde nach einem Jahr überprüft und nur dann beibehalten, wenn die kubanische Regierung bis dahin politische Gefangene freilasse.

"Die Heuchelei wird noch deutlicher, wenn sie zusammenfällt mit der brutalen Maßnahme, lateinamerikanische Immigranten (aus Europa) zu vertreiben" schrieb Castro.

Vladimiro Roca von der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei sagte: "Dies bestätigt einmal mehr, dass die EU trotz ehrenvoller Ausnahmen mit ihrer heuchlerischen Politik fortfährt, die nur von Wirtschaftsinteressen bestimmt wird und nicht darauf abzielt, dass Kuba in den Kreis der demokratischen Länder der Welt eintritt."

Der Ökonom Oscar Espinosa, einer der 75 Dissidenten, nach deren Verhaftung 2003 die EU die Sanktionen beschlossen hatte, sagte: "Es ist besorgniserregend, denn die Aufhebung ohne Gegenleistung kann sehr negative Auswirkungen im Inneren Kubas haben."

Berichte über Differenzen zwischen Merkel und Steinmeier

Bereits 2005 waren die Maßnahmen von der EU vorübergehend aufgehoben worden. Sie sollen nun vor allem auf Drängen Spaniens vollständig aufgehoben werden, weil es nach dem krankheitsbedingten Rückzug Fidel Castros aus der Staatsführung Anzeichen für eine Liberalisierung gebe. Raúl Castro hatte nach einer Übergangszeit formell Ende Februar sein Amt als Präsident angetreten und seitdem eine Reihe von Reformen eingeleitet.

Tschechien und Schweden hatten gegen die Aufhebung Bedenken. Zwischen Kanzleramt und Außenministerium in Berlin hat es nach einem Spiegel-Bericht erhebliche Differenzen über eine gemeinsame Haltung zum Stopp der EU-Sanktionen gegen Kuba gegeben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe an der Beschränkung der diplomatischen Kontakte zum Castro-Regime festhalten wollen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hingegen habe wie die Vertreter fast aller anderen EU-Staaten für die vollständige Aufhebung der 2003 verhängten Sanktionen plädiert, berichtet das Magazin. Auf Druck des Kanzleramts habe das Auswärtige Amt die EU-Beratungen über Kuba zunächst um drei Tage vertagen lassen.

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