Attentate in Moskau:Rückschlag für Putins Tschetschenien-Politik

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Für den Selbstmordanschlag, der 15 Menschen das Leben kostete, machen die Moskauer Behörden tschetschenische Rebellen verantwortlich. Präsident Maschadow distanzierte sich von dem Terrorakt.

Nach dem Terroranschlag auf ein von etwa 40000 Menschen besuchtes Rockfestival in Moskau bestehen kaum Zweifel daran, dass tschetschenische Rebellen die Tat verantworten. Bei dem Anschlag waren mindestens 13 Menschen und die beiden Attentäterinnen umgekommen. 38 Verletzte befanden sich am Sonntag noch im Krankenhaus.

Der Anschlag bedeutet einen Rückschlag für Präsident Wladimir Putin, der den Konflikt ohne Beteiligung der Rebellen lösen will. Erst am Freitag hatte er den 5.Oktober als Termin für die umstrittene Wahl eines neuen tschetschenischen Präsidenten bekannt gegeben.

Die offizielle tschetschenische Führung distanzierte sich wie immer von dem Terrorakt und wies auf den russischen Krieg als angebliche Ursache der Gewalt hin. Achmed Sakajew, ein in London lebender Vertreter des 1997 frei gewählten Tschetschenen-Präsidenten Aslan Maschadow, warnte jedoch vor neuen Anschlägen.

Die Selbstmordattentäterinnen hatten sich am Samstag vor dem Gelände des Rockfestivals auf dem Moskauer Kleinflughafen Tuschino in die Luft gesprengt. Offenbar sollten die Bomben vor der Bühne in der Menge gezündet werden. Das Wachpersonal wies die zwei Frauen aber ab.

Der russische Vize-Innenminister Raschid Nurgalijew sagte: "Als sie sich dem Eingang näherten, war ihre Aufgeregtheit sichtbar. Sie versuchten, besonders schnell hineinzukommen und wurden deshalb abgewiesen." Eine der Frauen sprengte sich dann an der Kasse in die Luft. Die andere tötete sich vor dem Haupteingang, wo ein Markt stattfand. Hier gab es die meisten Opfer.

Anschlag trägt tschetschenische Handschrift

Die Art des Anschlags deutet klar auf Tschetschenen hin: Die Rebellen haben in den vergangenen Monaten viele Bombenanschläge auf Zivilisten verübt - oft sprengten sich Frauen in die Luft. Am Tatort war zudem der Ausweis einer 20 Jahre alten Tschetschenen in gefunden worden. Nach Angaben des russischen Fernsehens hat sich die Frau vor sechs Monaten in den Untergrund begeben.

Die offizielle tschetschenische Untergrundführung wies indes jede Verantwortung zurück. Sakajew erklärte, "die Führung Tschetscheniens hat mit dieser Aktion nichts zu tun". Sakajew fügte aber hinzu: "Es gibt nur einen Weg, solche Terrorakte zu unterbinden - wenn die Gewalt in Tschetschenien endet."

Auch andere Tschetschenen erklärten, solche Taten hätten ihren Ursprung im russischen Krieg in Tschetschenien. Vertreter der tschetschenischen Gemeinde in Moskau sprachen dagegen von einer Tat des "internationalen Terrorismus". Sie forderten Putin laut Itar-Tass auf, die "Anti-Terror-Operation" in der Kaukasus-Republik entschlossen fortzusetzen.

Die Kremlführung erklärte, man halte am Termin für die tschetschenische Präsidentschaftswahl fest. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, darunter US-Präsident George Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder, kondolierten Russlands Präsidenten. Schröder erklärte Putin seine Unterstützung im Kampf gegen den "Terrorismus in jeglicher Form".

© Von Tomas Avenarius - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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