Atomstreit wird schärfer:Unions-Granden ignorieren Merkels Machtwort

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Unions-Größen wie Glos und Kauder sprechen SPD-Umweltminister Gabriel die Kompetenz ab, über die Laufzeit des Kraftwerks Biblis zu entscheiden - und düpieren damit die Kanzlerin.

Die Kontroverse um den Atomausstieg nimmt in der Koalition an Schärfe zu. Die Unionsfraktion dringt auf eine Änderung des Atomausstiegs. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach nun Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nach dessen Ablehnung des RWE-Antrags auf längere Laufzeit des ältesten deutschen Atomkraftwerks Biblis A die alleinige Entscheidungskompetenz ab.

"Mein Haus hat ein Rechtsgutachten erstellen lassen, dem zufolge die drei beteiligten Ministerien - Kanzleramt, Umwelt- und Wirtschaftsministerium - eine Entscheidung sowohl bei Zustimmung als auch bei Ablehnung ... gemeinsam zu fällen haben", sagte der CSU-Politiker in der Wirtschaftswoche.

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der Bild am Sonntag, er wolle die Frage der Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Biblis A zum Thema im Koalitionsausschuss machen. "Ich werde das beantragen."

Die Kanzlerin wollte vertragstreu sein

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) unterstützte die angekündigte Klage des RWE-Konzerns gegen eine Ablehnung. Huber sagte der Passauer Neuen Presse: "Die SPD muss endlich aus ihrer ideologischen Verstockung herauskommen und sich den neuen Herausforderungen des Klimaschutzes stellen." Es sei gerade unter diesem Gesichtspunkt notwendig, "die Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke zu verlängern".

Gabriel hatte am Freitag angekündigt, er wolle einen Antrag des RWE-Konzerns auf Übertragung von Rest-Strommengen des stillgelegten Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich auf Biblis A in Hessen ablehnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am gleichen Tag ein Machtwort gesprochen und die Entscheidung Gabriels gebilligt. "Das heißt aber noch nicht, dass die Union die Entscheidung gut findet, sagte sie im ZDF. "Aber nach den rechtlichen Grundlagen hat er die Möglichkeit." Zu dem von vielen Politikern der Union kritisierten Atomausstieg erinnerte sie auch an die im Koalitionsvertrag gültige Stillhalteregelung. "Ich bin vertragstreu."

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg hatte darauf hingewiesen, dass Kanzleramt und Wirtschaftsministerium eine Übertragung von Strommengen von Mülheim-Kärlich auf Biblis A für möglich halten. Laut Gabriel kann sein Ministerium bei Biblis allein die Entscheidung fällen.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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