Arbeitsgruppe der SPD stellt Forderungen:Bürgerversicherung soll Kleinverdiener schonen

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Außerdem will die SPD die Grenze der Einkommenshöhe, ab der sich Arbeitnehmer privat versichern dürfen, ändern. Das kündigte Andrea Nahles von der Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung an.

Von Andreas Hoffmann

Berlin - Durch die Einführung einer Bürgerversicherung will die SPD Kleinverdiener nicht stärker belasten. Das kündigte Andrea Nahles an, die für die SPD eine Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung leitet. "Unser Ziel ist es, die unteren und mittleren Einkommen nicht stärker zu belasten", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Sie wies auf eine Vorgabe des Bochumer Parteitages hin, auf dem die Sozialdemokraten sich für die Bürgerversicherung aussprachen.

Hintergrund sind innerparteiliche Ängste, wonach Teile des Konzepts auch die SPD-Klientel treffen könnten. Nach den Plänen sollen auch Beamte und Selbstständige in die gesetzlichen Kassen einzahlen. Ferner sollen Arbeitnehmer für Miet- und Zinseinnahmen ebenfalls Kassenbeiträge überweisen. Dies könnte für Kleinaktionäre oder Wohnungseigentümer höhere Abgaben bedeuten. Nahles schloss dies aus, wollte aber auf Details nicht eingehen. Sie verwies auf den Herbst, wenn die Eckpunkte vorliegen sollen.

Im Gespräch mit der SZ deutete Nahles bereits Umrisse an. So soll die Beitragsbemessungsgrenze, die den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) festlegt, nicht wegfallen. Dagegen soll die Versicherungspflichtgrenze "nicht in der heutigen Form bestehen bleiben", sagte sie. Durch diese Grenze wird bestimmt, ab welcher Einkommenshöhe ein Arbeitnehmer sich privat versichern darf. Zwischen Privatversicherern (PKV) und Kassen soll es einen "echten Wettbewerb" geben.

Regierung will sich nicht auf Zeitplan festlegen

So sollen Privatversicherer Menschen auch ohne Risikoprüfung versichern. Eine Beschränkung der Privaten auf das Zusatzgeschäft soll es nicht geben. Schließlich sollen Privatversicherer in den Finanzausgleich der Kassen - den Risikostrukturausgleich - einbezogen werden. Unklar seien die Details, weil derzeit gerechnet werde. "Es wird aber eine klare Beitragssatzsenkung geben", sagte Nahles.

Offen ist, wann die Koalition ein Konzept umsetzt. Während SPD-Parteichef Franz Müntefering dafür plädierte, das Vorhaben bereits 2005 "in eine gesetzliche Form" zu bringen, wies ein Regierungssprecher darauf hin, dass es in der Regierung "keine Festlegung für einen Zeitplan" gebe. Vor kurzem hatten Müntefering und Schröder noch vor zu viel Eile bei der Bürgerversicherung gewarnt. So sagte Müntefering im Februar, das Konzept berge "viele Untiefen".

Wirtschaft und Opposition kritisierten das Vorgehen der SPD. Der PKV-Verband sprach von einem "Weg in die Staatsmedizin". Ähnlich äußerte sich Industriepräsident Michael Rogowski. Der CDU-Rentenexperte Andreas Storm nannte den Termin 2005 utopisch, weil Rot-Grün für ein Gesetz die Mehrheit in Bundestag und Bundesrat benötige.

© SZ vom 22.5.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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