Appell an Ärzte:Kassenpatienten nicht im Voraus abkassieren

Lesezeit: 2 min

Das Gesundheitsministerium und die Krankenkassen drohen Medizinern mit Geldbußen und Lizenzentzug, sollten sie vorab Geld verlangen.

Guido Bohsem

Bundesgesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD), die Krankenkassen und Ärzteverbände wollen mit aller Härte gegen Mediziner vorgehen, die ihre Kassenpatienten nur noch auf Rechnung behandeln oder gar von ihnen Bargeld verlangen.

Behandlung nur gegen Vorauskasse: Gesundheitsministerin Schmidt will diese Praxis von Fachärzten unterbinden. (Foto: Foto: AP)

Schmidt warf den Ärzten vor, damit gegen ihre Versorgungspflicht zu verstoßen. Die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen, Doris Pfeiffer, sagte: "Dieses Verhalten ist klar rechtswidrig." Mediziner, die ein solches Verhalten an den Tag legten, könnten mit einer Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro belangt werden und ihre Zulassung als Kassenarzt verlieren.

Auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, rief seine Mitglieder auf, ihren Unmut über die Honorarreform nicht auf dem Rücken der Patienten auszutragen.

Seit Anfang des Jahres erhalten die Ärzte ihr Honorar nach neuen Regeln. Im Herbst hatten sich Kassen und KBV darauf verständigt, im Zuge der Reform die Honorare der etwa 140.000 niedergelassenen Ärzte um knapp drei Milliarden Euro aufzustocken: Das entspricht rein rechnerisch einem Plus von zehn Prozent oder etwa 18.000 Euro pro Praxis.

Bei der Umsetzung der Vereinbarung stellte sich jedoch heraus, dass nicht in allen Bundesländern mit einem solchen Plus zu rechnen ist. In Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen führt die Reform nach ersten Einschätzungen der betroffenen Mediziner zu einem Umsatzminus von bis zu 40 Prozent. Dies hatte in den betroffenen Regionen zu Empörung und scharfen Protesten geführt.

So hatte der Berufsverband der bayerischen Frauenärzte damit gedroht, Kassenpatientinnen nur noch auf Privat-Rechnung zu behandeln. Ein Orthopäde in Baden-Württemberg verlangte nach Medienberichten von seinen Patienten eine Zuzahlung von 120 Euro pro Quartal - mit der Begründung, die Kassen zahlten ihm nicht genug.

In Schleswig-Holstein schließen die Orthopäden eine Woche lang ihre Praxen. Die dortigen Augenärzte kündigten an, im März für 14 Tage zu schließen, weil ihr Budget nach acht bis zehn Wochen aufgebraucht sei. Zudem laufen in Schleswig-Holstein bereits drei Anträge auf Entzug der Kassenzulassung. Auch hatten sich Mediziner geweigert, weiterhin Pflegeheime zu betreuen.

KBV-Chef Köhler sagte, der Unmut der Ärzte habe mit den Problemen der Honorarreform eine neue Qualität erreicht. Es sei ein Fehler gewesen, im Herbst nicht deutlicher gesagt zu haben, dass nicht jede Praxis mit einem Umsatzplus von zehn Prozent rechnen könne. Schmidt betonte, "der Unmut der Ärzte darf nicht dazu führen, dass die Patienten zu Leidtragenden werden." Wer zum Arzt gehe, sei krank und wolle behandelt werden. Der Ärger der Mediziner über die Reform habe damit nichts zu tun. Betroffene Patienten sollten sich unbedingt an ihre Kassen wenden. Diese wollten gemeinsam gegen die vertragsbrüchigen Ärzte vorgehen.

Ihr Ministerium sei bereit, eine Lösung für die Probleme der Reform zu finden, sagte Schmidt. Mehr Geld für die Mediziner schloss sie aber kategorisch aus. "Viele Kassenmitglieder wissen nicht, ob sie im Sommer überhaupt noch einen Arbeitsplatz haben", sagte sie mit Verweis auf die Rezession in Deutschland. Da gebe es keinen Spielraum.

© SZ vom 13.02.09/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: