Antritt in Camp David:Brown bei Bush

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Der britische Premier reist erstmals in die USA. Dort ist man gespannt, ob Brown genauso eindeutig auf Bushs Linie liegt wie sein Vorgänger Blair.

Gut einen Monat nach seiner Amtsübernahme reist Gordon Brown erstmals als britischer Premierminister in die USA. Seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident George W. Bush wird auf beiden Seiten des Atlantiks hohe Bedeutung beigemessen. Browns Vorgänger Tony Blair lag mit Bush auf einer Wellenlänge, und dies hat die britisch-amerikanischen Beziehungen in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt - nicht zuletzt in der Irak-Politik.

Ob Brown ein ähnlich enges Verhältnis zu den USA anstrebt, ist unklar. In Großbritannien selbst hatte der langjährige Schatzkanzler einen guten Start ins höchste Regierungsamt. So hielten ihm seine Landsleute seine Besonnenheit zugute, die er angesichts der vereitelten Terrorpläne in London und des Anschlags auf den Flughafen von Glasgow an den Tag legte. Wurde Brown früher stets mit negativen Untertönen als mürrisch und grüblerisch beschrieben, so wurde ihm seine sprichwörtliche Nüchternheit und Ernsthaftigkeit nun als staatsmännisches Verhalten ausgelegt.

So erfreut sich die regierende Labour Party auch erstmals seit zwei Jahren wieder Zustimmungswerten über der 40-Prozent-Marke. Diese Beliebtheit könnte Brown nach Ansicht von Beobachtern auch im Gespräch mit Bush großes Selbstvertrauen geben. Zweifellos wird dabei die Lage im Irak im Mittelpunkt stehen.

Großbritannien hat noch etwa 5.500 Soldaten in dem Golfstaat stationiert, die meisten von ihnen im Umkreis von Basra. In der südirakischen Stadt selbst wollen die Briten nach Möglichkeit schon Ende dieses Jahres die Kontrolle an die örtlichen Sicherheitskräfte abgeben, wie kürzlich aus Londoner Militärkreisen verlautete. Dies könnte den Ruf der britischen Bevölkerung nach einem vollständischen Truppenabzug verstärken.

Keine siamesischen Zwillinge

Brown hat sich bislang allerdings noch nicht auf einen Rückzugstermin festlegen lassen. Dennoch herrscht in Washington Unsicherheit darüber, ob er genau so eindeutig wie Blair auf der Linie des Präsidenten liegt. Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, betonte angesichts des Besuchs, Bush und Brown hätten "eine sehr spezielle und wichtige Beziehung zueinander". Doch gleichzeitig sorgte ein britisches Regierungsmitglied mit einer respektlosen Äußerung für Verstimmung.

Mark Malloch-Brown, Staatsminister im Londoner Außenministerium, hat unlängst gesagt, Bush und Brown seien nicht mehr wie siamesische Zwillinge an der Hüfte zusammengewachsen, wie das bei Bush und Blair der Fall gewesen sei. Daraufhin zeigten sich Washingtoner Regierungskreise besorgt darüber, dass unerbittliche Kritiker des Irak-Kriegs wie Malloch-Brown unter dem neuen britischen Premierminister einen Regierungsposten bekamen.

Brown selbst erklärte kurz vor seiner Abreise, er freue sich sehr darauf, mit Bush die künftige Zusammenarbeit bei allen globalen Herausforderungen erörtern zu können. "Das Verhältnis zwischen einem amerikanischen Präsidenten und einem britischen Premierminister wird immer stark sein", betonte Brown. In Großbritannien seien sich alle Politiker darüber im Klaren, dass ohne die aktive Beteiligung der USA keines der großen weltpolitischen Probleme gelöst werden könne.

Gleichwohl rechnet man in den USA mit Veränderungen im Verhältnis zum bislang engsten Vertrauten. "Die meisten Beobachter hier zu Lande gehen davon aus, dass nicht mehr alles so sein wird, wie es war", resümiert Reginald Dale vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington. "Die Beziehung wird freundschaftlich sein, aber nicht mehr so intensiv wie die zwischen Bush und Blair. Diese war ganz einmalig", fügt der Wissenschaftler hinzu.

Brown wird am Montag in Camp David mit Bush zusammentreffen. Außerdem ist während seines USA-Aufenthalts eine Rede vor den Vereinten Nationen in New York geplant.

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