Anklage wegen Vertreibung:UN-Tribunal spricht kroatische Ex-Generäle frei

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Es fehle der Nachweis, dass sie im Kroatienkrieg die Vertreibung von 200.000 Serben geplant hätten: Das UN-Kriegsverbrechertribunal spricht die ehemaligen kroatischen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac frei. In erster Instanz waren die beiden noch zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Die ehemaligen kroatischen Generäle Ante Gotovina (hinten links) and Mladen Markac (hinten rechts) im Gerichtssaal des UN-Kriegsverbrechertribunals.  (Foto: AFP)

Das UN-Kriegsverbrechertribunal hat die kroatischen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac überraschend von der Anklage schwerster Verbrechen freigesprochen.

Es sei nicht erwiesen, dass die Vertreibung von rund 200.000 Serben am Ende des Kroatienkrieges (1991-1995) durch die beiden wichtigsten Offiziere der kroatischen Truppen geplant war, sagte der Vorsitzende Richter Theodor Meron am Freitag zur Begründung. Die beiden 57-Jährigen wurden sofort auf freien Fuß gesetzt. In erster Instanz waren sie zu 24 beziehungsweise 18 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Gotovina war Befehlshaber der "Operation Sturm", bei der kroatische Armeeeinheiten 1995 die von ethnischen Serben kontrollierte Region Krajina eroberten. Er war im Sommer 2010 auf den Kanarischen Inseln gefasst worden, nachdem das UN-Tribunal 2001 gegen ihn Anklage erhoben hatte.

Zu den vom UN-Tribunal veröffentlichten Anklagepunkten gegen Gotovina zählten Verfolgung aus politischen, ethnischen und religiösen Motiven, Mord, Vertreibung, Plünderung und Verletzung des Kriegsrechts.

In Serbien ist der Freispruch Gotovinas auf Empörung gestoßen, wie die serbische Nachrichtenagentur Beta berichtet. Dadurch habe das Gericht "jede Glaubwürdigkeit verloren", sagte der serbische Minister Rasim Ljajic, der für die Zusammenarbeit mit dem Tribunal zuständig ist. "Die Entscheidung von heute ist ein Beweis für selektive Justiz, die schlimmer ist als Ungerechtigkeit", so Ljajic.

Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic hingegen begrüßte das Urteil. Die Angeklagten seien "offensichtlich unschuldig", sagte er. Ihr Freispruch sei "wichtig für Kroatien". Gleichzeitig räumte Milanovic ein, dass im Krieg auch auf kroatischer Seite "Fehler" gemacht worden seien. Dafür sei aber der kroatische Staat verantwortlich "und nicht Markac und Gotovina". Zagreb sei bereit, "seine Schuld gegenüber denen, denen Unrecht durch den kroatischen Staat widerfahren ist, zu begleichen".

Viele Kroaten sehen den ehemaligen General noch immer als Volkshelden. Auf dem Hauptplatz in Zagreb wurde die Urteilsverlesung auf einem riesigen Bildschirm vor Tausenden Menschen direkt übertragen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/sana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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