Amnesty:"EU soll Führungsrolle in internationaler Menschenrechtspolitik übernehmen"

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Amnesty International hat an die EU appelliert, Menschenrechtsverletzungen zur Priorität ihrer Außenpolitik zu machen. Besondere Erwartungen gibt es an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Amnesty International hat anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte an diesem Sonntag an die EU appelliert, Menschenrechtsverletzungen zur Priorität ihrer Außenpolitik zu machen. Gleichzeitig forderte die Organisation die Bundesregierung am Freitag auf, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Beachtung des absoluten Folterverbots durchzusetzen.

Nur wenn die EU Menschenrechtsverletzungen auch innerhalb der Mitgliedstaaten ahnde, könne sie glaubwürdig die Führungsrolle in der internationalen Menschenrechtspolitik einnehmen, erklärte die deutsche Amnesty-Generalsekretärin Barbara Lochbihler in Berlin.

Die EU müsse zudem ihre Verwicklung in die menschenrechtswidrigen CIA-Geheimflüge aufklären und die Ermittlungen des Europäischen Parlaments und des Europarats aktiver unterstützen. Die Bundesregierung solle endlich klären, was deutsche Behörden wann von der Verschleppung und Misshandlung in den Fällen El Masri, Zammar und Kurnaz gewusst hätten, forderte Lochbihler.

"Auch erwarten wir eine klare Ansage, was die Regierung tut, um künftig CIA-Flüge in die Folter zu verhindern." Die neue Strategie für Zentralasien, die derzeit unter deutscher Federführung erarbeitet werde, sei eine gute Gelegenheit, mit den EU-Menschenrechtsleitlinien Ernst zu machen, sagte Lochbihler. In der Region seien Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mehr als ungenügend. Die Bundesregierung dürfe die Menschenrechte in der Zentralasien-Strategie nicht sicherheits- oder energiepolitischen Erwägungen unterordnen.

Auch die SPD forderte einen höheren Stellenwert für die Menschenrechts- und Einwanderungspolitik. "Die Menschenrechte sind tragendes Element jeder zivilisierten Gesellschaft", sagte SPD-Chef Kurt Beck. Das strikte Folterverbot sei "eine Frage der Moral, des Rechts und der praktischen Vernunft jeder wirksamen Politik zur Bekämpfung von Kriminalität und Menschenrechtsverletzungen."

Dies gelte auch für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus. "Gerade weil wir Terrorismus verurteilen und bekämpfen, achten wir auch hier auf die Einhaltung von Menschenrechten und rechtsstaatlicher Verfahren", so Beck weiter.

SPD-Menschenrechtsexperte Christoph Stösser sagte, mit der EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Januar 2007 habe Deutschland die Chance, hier Akzente zu setzen. In den EU-Außenbeziehungen müsse sich widerspiegeln, dass die Europäische Union eine Wertegemeinschaft sei.

Pro Asyl kritisiert deutsche Flüchtlingspolitik

Die Organisation Pro Asyl kritisierte, dass Deutschland seine menschenrechtlichen Verpflichtungen vernachlässige. Flüchtlinge, wenn sie Deutschland überhaupt noch erreichten, würden einer sich stetig verschärfenden Entrechtungspolitik ausgesetzt.

Diese Politik bestehe aus restriktiver Gesetzgebung, oft unfairen Asylverfahren sowie massenhaften Widerrufsverfahren mit denen Flüchtlingen der gewährende Status entzogen werde, erklärte Pro Asyl in Frankfurt am Main.

Aktivisten der Gesellschaft für Bedrohte Völker erinnerten unterdessen mit einer Aktion in Berlin an die prekäre Situation im Westsudan. Vor der Neuen Wache in der Bundeshauptstadt reihten sie 4000 Plakate mit abwehrend erhobenen roten Händen und der Aufschrift "Darfur - Stoppt den Völkermord".

Der 10. Dezember ist der internationale Tag der Menschenrechte, weil an diesem Tag 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen unterzeichnet wurde.

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