Amerika und die Waffen:Gewähr fürs Gewehr

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Eine US-Waffenfirma zahlt erstmals an Familien von Gewaltopfern. Doch angesichts der Millionensummen, die bei Schadensersatzprozessen in Amerika bezahlt werden, sind 550.000 Dollar für die Angehörigen ein fragwürdiges Trostpflaster.

Von Andrian Kreye

Die Waffenfirma Bushmaster Firearms will diesen Betrag den Familien der Opfer der Heckenschützen John Allen Muhammad und Lee Boyd Malvo bezahlen, die 2002 mit einem Sturmgewehr der Firma im Großraum Washingtons zehn Menschen erschossen. Das Waffengeschäft Bullseye Shooter Supply, aus dem die Tatwaffe gestohlen wurde, hat sich außerdem bereit erklärt, zwei Millionen Dollar zu zahlen.

Mit so einem Gewehr (Marke Bushmaster) töteten Heckenschützen 2002 in Washington zehn Menschen. Der Hersteller "Bushmaster Firearms" zahlt den Angehörigen jetzt 550.000 Dollar. (Foto: Foto: dpa)

Trotz der vergleichsweise niedrigen Summen gelten die beiden außergerichtlichen Vergleiche im Kampf um strengere Waffengesetze als potenzielle Meilensteine. Immerhin sind die zwei Millionen Dollar der bislang höchste Betrag, der je in einem vergleichbaren Fall bezahlt wurde. Auch die Entscheidung der Firma Bushmaster gilt als historisch, weil zum ersten Mal ein Waffenhersteller Schadensersatz leistet.

"Nicht Waffen töten, sondern Menschen"

Bisher lautete das Motto der Waffenindustrie: "Nicht Waffen, sondern Menschen bringen Menschen um". Dem stimmten die Gerichte zu. Nun haben außergerichtliche Entscheidungen zwar keinen Präzedenzwert, doch der Fall könnte eine Welle von Klagen auslösen, die die Waffenlobby in ähnliche Bedrängnis bringen könnte wie zuvor die Tabakindustrie.

Ein Versuch der Waffenlobby, mit Unterstützung von Präsident George Bush ein Gesetz zu initiieren, das die gesamte Waffenindustrie vor Schadensersatzklagen geschützt hätte, scheiterte Anfang des Jahres im Senat.

Doch dies sind nur Gefechte in einer größeren Schlacht um strengere Waffengesetze. Besonders der zivile Vertrieb paramilitärischer Waffen wie halbautomatischer Maschinenpistolen und Sturmgewehren gilt als problematisch.

Der Bushmaster - das M-16-Sturmgewehr für's Wohnzimmer

Das Modell Bushmaster etwa ist eine zivile Version des M-16-Standardgewehrs der US-Streitkräfte, das für Sport und Jagd denkbar ungeeignet ist. Momentan wird der Verkauf dieser "Assault Weapons" durch eine Verfügung von 1994 stark eingeschränkt, die Präsident Bill Clinton erlassen hatte. Am kommenden Montag muss die Gültigkeit dieser Verfügung allerdings vom Kongress verlängert werden.

Die Waffenlobby und der nationale Schützenverein National Rifle Association haben Millionen dafür aufgewendet, den Gesetzgeber davon zu überzeugen, in einem Wahljahr die Waffenfreunde im Land besser nicht gegen sich aufzubringen. Waffengesetze gelten als heikles Kulturkampfthema, denn selbst liberale Wähler sehen den zweiten Verfassungszusatz, der freien Bürgern das Tragen einer Waffe garantiert, als heiliges Recht. Dagegen fordern vor allem Polizeiverbände ein Verbot paramilitärischer Waffen.

Bush und die Waffenlobby

Präsident Bush gab sich bisher diplomatisch. Er würde eine Verlängerung des Verbots durch den Kongress unterschreiben, unterstütze die Initiative aber nicht. Der Führer der republikanischen Mehrheit, Bill Frist, kündigte am Mittwoch an, es werde erst gar nicht zur Abstimmung kommen. Damit scheint die Industrie fest zu rechnen.

Nach Angaben eines Verbraucherverbands bereiten sich die Hersteller schon länger darauf vor, den privaten Markt von kommender Woche an mit bisher verbotenen Waffen wie Kalaschnikowgewehren und Uzi-Maschinenpistolen zu überschwemmen.

© SZ vom 10.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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