Altersbezüge:Die Renten-Rechnung? Zahlen die Rentner

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Der Verzicht auf Kürzung der Altersbezüge wird Deutschlands 20 Millionen Rentner nach SZ-Informationen ab dem Jahr 2011 einholen.

Guido Bohsem

Die etwa 20 Millionen Rentner müssen den Verzicht auf eine mögliche Kürzung ihrer Bezüge selbst finanzieren. Vom Jahr 2011 an werde zum Ausgleich der Rentenanstieg gemindert, heißt es in einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Gesetzesentwurf des Sozialministeriums. Die nachträglichen Einschnitte sollen das Rentenplus jedoch maximal halbieren.

Rentner müssen ab 2011 mit einem geringerem Anstieg ihrer Altersbezüge rechnen. (Foto: Foto: dpa)

Dadurch und durch die deutliche Zunahme der Arbeitslosigkeit müssen die Ruheständler in den kommenden Jahren mit Nullrunden rechnen. Das Bundeskabinett will den Entwurf an diesem Mittwoch beschließen.

Mit dem Gesetz will die große Koalition inmitten der tiefsten Rezession in der Geschichte der Republik eine Garantie abgeben, dass es nie zu einer Kürzung der Renten kommen wird. Sie setzt dafür einen für die Berechnung der Renten zentralen Ansatz teilweise außer Kraft, die Koppelung an die Lohnentwicklung.

Gewöhnlich steigen die Renten mit den durchschnittlichen Bruttoeinkommen des Vorjahres. Hat also jeder Arbeitnehmer in Deutschland rein rechnerisch zwei Prozent mehr Gehalt in der Tasche, steigt auch die Rente um zwei Prozent.

Um die gesetzliche Altersvorsorge in einer älter werdenden Gesellschaft bezahlbar zu machen, gibt es in der Rentenformel mehrere Faktoren, die diesen Anstieg mindern. Der bekannteste davon ist der Riesterfaktor. Er mindert den Anstieg der Renten in dem Maß, in dem die Arbeitnehmer zusätzlich in eine private Altersvorsorge investieren.

Die Lohnkopplung gilt auch mit umgekehrten Vorzeichen. Falls also die Durchschnittslöhne um zwei Prozent sinken, sinken im Folgejahr auch die Renten um zwei Prozent. Dies ist allerdings seit der Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung 1957 noch nie vorgekommen. Glaubt man den Berechnungen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, ist dieser Fall für 2010 zumindest nicht ausgeschlossen.

Das liegt vor allem am Kurzarbeitergeld, das die Regierung im Kampf gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise verlängert hat und millionenfach einsetzt. Kurzarbeiter zählen weiter als Beschäftigte, jedoch zu einem deutlich verringerten Lohn. Dadurch wird nach Einschätzung der Ökonomen das durchschnittliche Einkommen aller Beschäftigten 2009 geringer ausfallen, was wiederum eine Kürzung der Renten 2010 zur Folge hätte. Das von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) ausgearbeitete Gesetz soll dies verhindern und zwar nicht nur für das kommende Jahr, sondern für alle Zeit.

Obwohl die Regierung nicht von sinkenden Löhnen ausgeht, sah sie sich in den Vorbereitungen für den Bundestagswahlkampf zu diesem Schritt gezwungen. Die Rentner gelten beiden großen Volksparteien als wichtige Wählergruppe, die es nicht zu verärgern gilt. Die Fraktion von CDU und CSU erklärte am Dienstag, der Regelung zustimmen zu wollen.

"Panikmache ohne realen Grund"

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer warf Scholz gleichwohl vor, "Panikmache ohne realen Grund" betrieben zu haben, weil keine seriöse Prognose auf sinkende Löhne hindeute. Ziel sei es, eine Verunsicherung der Rentner zu verhindern, begründete der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Norbert Röttgen (CDU) die von heftigen Protesten begleitete Zustimmung der Abgeordneten.

Weitere Änderungen an der Rentensystematik will die Regierung offenbar nicht vornehmen. So wies das Scholz-Ressort Forderungen des Sozialverbandes VdK nach Senkung des Renteneintritts mit 67 Jahren zurück. "Es gibt keinerlei politische Überlegungen, etwas an der Rente mit 67 zu ändern", sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Die IG Metall sprach sich ebenfalls für eine Aussetzung der Rente mit 67 aus, die von 2012 an schrittweise eingeführt werden soll. Zudem fordert die Gewerkschaft, dass Arbeitnehmer, die 40 Jahre lang in die Vorsorgekasse eingezahlt haben, bereits mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Diese Regelung soll nach den Worten von IG-Metall-Chef Berthold Huber für die kommenden fünf Jahre gelten. Im gleichen Zeitraum solle zudem die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitnehmer von derzeit 18 auf insgesamt 36 Monate verlängert werden, um ihnen den Bezug von Hartz IV zu ersparen.

© SZ vom 06.05.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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