Wenige Tage nach dem Papst-Brief zum Konflikt um die ultrakonservative Piusbruderschaft gerät der Vatikan erneut in die Kritik. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel hat Papst Benedikt XVI. noch als Kardinal 1998 einen Beitrag in dem rechtsextremen österreichischen Aula-Verlag veröffentlicht.
Wie aus dem Schriftverkehr des Vatikans mit dem Verlag hervorgehe, habe der damalige Sekretär von Joseph Ratzinger, Josef Clemens, den Nachdruck eines Aufsatzes "im Auftrag von Herrn Kardinal Ratzinger" genehmigt, berichtet das Magazin unter Berufung auf die ihm vorliegenden Schriftstücke.
Ein Sprecher der Erzdiözese Wien habe dagegen im Februar dieses Jahres noch erklärt, die Herausgeber hätten Ratzinger "offenbar nicht um Erlaubnis gefragt, seinen Artikel wiedergeben zu dürfen", zitierte das Magazin die katholische Nachrichtenagentur Kathpress.
Vor einigen Wochen hatte der österreichische Grünen-Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger gefordert, die Stellung des Papstes in der Debatte um die Pius-Bruderschaft müsse wegen der Publikation völlig neu bewertet werden.
Nach Angaben des Spiegel hat Clemens mit Schreiben vom 30. September 1997 grünes Licht für die Publikation eines Ratzinger-Aufsatzes in der Monatsschrift Die Aula gegeben. Der Text sei 1998 in dem Sammelband "1848 Erbe und Auftrag" erschienen. Herausgeber seien zwei bekannte Rechtsextremisten.
Bereits vor drei Jahren hatte laut Spiegel die Monatszeitschrift des Grazer Verlags über Österreich hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Herausgeber Herwig Nachtmann habe damals für den Holocaust-Leugner Walter Lüftl Partei ergriffen.
In einem Artikel mit dem Titel "Naturgesetze gelten für Nazis und Antifaschisten" hatte der "Aula"-Chef einen Report Lüftls aus dem Jahr 1992 gelobt: Der Text "Holocaust, Glaube und Fakten" sei ein "Meilenstein auf dem Weg zur Wahrheit".
Daraufhin habe sich sogar die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter dem inzwischen verstorbenen Jörg Haider von Blatt und Verlag distanziert. Die Aula hat dem Magazin zufolge bis dahin als Parteiorgan der FPÖ fungiert.
In der Auseinandersetzung um die Rücknahme der Exkommunikation von vier Piusbrüdern hatte Papst Benedikt XVI. in einem am Donnerstag veröffentlichten persönlichen Brief Fehler im Vatikan zugegeben. Darin erklärte er auf vier Seiten, wie es zu den "Pannen" um den Holocaust-Leugner Richard Williamson aus seiner Sicht hatte kommen können.
Der Papst hatte die Exkommunikation Williamsons aufgehoben, obwohl dieser in einem Ende Januar ausgestrahlten Interview mit dem schwedischen Fernsehen gesagt hatte, er denke, dass "200.000 bis 300.000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben" seien, aber "nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern". Später entschuldigte er sich für diese Äußerungen. Der Vatikan bezeichnete die Entschuldigung jedoch als unzureichend.