Afghanistan:Verzweifelte Suche nach der zweiten Geisel

Lesezeit: 2 min

Einer der beiden in Afghanistan entführten Deutschen ist tot - nach einer Untersuchung bestätigte das Auswärtige Amt, das auf ihne geschossen wurde. Beim Kampf um das Leben der zweiten Geisel will sich Bundeskanzlerin nicht den Taliban beugen: "Wir sind nicht erpressbar".

Nico Fried

Der Krisenstab im Auswärtigen Amt bemüht sich weiter darum, das Leben eines in Afghanistan verschleppten deutschen Bauingenieurs zu retten. Ein zweiter Entführter war am Freitag nach Angaben von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gestorben. Er soll aber nicht ermordet worden sein. Die Koalitionsparteien in Berlin bekräftigten, der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan werde fortgesetzt.

Steinmeier hatte am Samstagabend gesagt, man werde ,,alles Menschenmögliche und Verantwortbare tun, um das Leben der zweiten deutschen Geisel zu retten''. Bei dem Mann, der sich noch in der Hand der Geiselnehmer befindet, soll es sich um Rudolf B., einen Bauingenieur aus Ottobrunn bei München handeln, der allerdings dem Vernehmen nach schon längere Zeit in Afghanistan arbeitet. Den Behörden des Freistaates liegen keine Erkenntnisse über ein bayerisches Entführungsopfer vor, auch in Ottobrunn ist B. nicht bekannt. Nach Informationen des ZDF ist der Zustand des zweiten Entführten inzwischen kritisch; der Mann sei wegen der Strapazen in der Hitze geschwächt.

Die beiden Deutschen waren am Mittwoch entführt worden. Sie waren nach bisherigen Erkenntnissen auf eigene Faust in der Provinz Wardak südlich der Hauptstadt Kabul unterwegs zu einem Staudamm-Projekt. Offenbar wurden sie Opfer eines Überfalls, der dem Bruder eines afghanischen Politikers galt. Hintergrund könnte eine seit Jahren währende Stammesfehde sein. Dagegen hatten die radikal-islamischen Taliban am Samstag behauptet, sie hätten die Deutschen entführt und getötet, weil die Bundesregierung sich nicht auf Verhandlungen über einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan eingelassen habe. Das Auswärtige Amt hatte jedoch stets erklärt, dass es für eine Täterschaft der Taliban keine Bestätigung gebe.

Merkel: Werben für Verlängerung der Mandate

In Berlin hatte es schon am Freitagabend Hinweise gegeben, dass eines der beiden Opfer gestorben sei. Die Umstände des Todes von Rüdiger D. aus Teterow in Mecklenburg-Vorpommern sind noch nicht endgültig geklärt. Steinmeier sagte zunächst, der Entführte sei nicht ermordet worden, sondern an den Strapazen der Geiselnahme gestorben.

Der Mann soll an Diabetes gelitten haben. Am Sonntagabend bestätigte das Auswärtige Amt dann, dass auf den Entführten geschossen wurde: ,,Nach erstem Augenschein durch deutsche Beamte weist der Leichnam Schusswunden auf'', sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Ob die Schüsse den Tod verursacht hatten, soll eine Obduktion in Deutschland zeigen.

Ungeachtet dessen sprach sich die Bundesregierung für eine Fortsetzung des Afghanistan-Engagements aus. Mit Blick auf den im Herbst anstehenden Beschluss des Bundestages über die deutsche Beteiligung an der Anti-Terror-Operation Enduring Freedom und der internationalen Schutztruppe Isaf sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: ,,Ich werde für die Verlängerung der Mandate werben.'' In der ARD sagte die Kanzlerin außerdem: ,,Wir werden auf Aufforderungen aus dem Kreis der Taliban nicht reagieren. Wir sind nicht erpressbar.''

Ähnlich äußerte sich der SPD-Vorsitzende Kurt Beck. Afghanistan dürfe nicht wieder zu einem Terrorzentrum werden. Zurückhaltender äußerte er sich hinsichtlich der einzelnen Mandate. Hier sei seine Partei noch in einem ,,Findungsprozess''. Vor allem die Operation Enduring Freedom ist unter den Sozialdemokraten umstritten.

© SZ vom 23.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: