Afghanistan-Konferenz:USA und Iran reden wieder miteinander

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Die USA und Iran haben seit langer Zeit wieder direkten Kontakt auf hoher Ebene. Der US-Gesandte Holbrooke traf Teherans Vize-Außenminister.

Martin Winter

Die USA und Iran haben erstmals seit 30 Jahren wieder direkt Kontakt auf hoher Ebene aufgenommen. Am Rande der internationalen Afghanistan-Konferenz traf sich der amerikanische Afghanistan-Beauftragte Richard Holbrooke mit dem stellvertretenden iranischen Außenminister Mohammed Mehdi Achundsadeh. Bei dem Gespräch am Dienstag in Den Haag ging es laut US-Außenministerin Hillary Clinton darum, wie Iran bei der Stabilisierung Afghanistans "hilfreich" sein könnte. Die Rede des iranischen Politikers nannte Clinton, die eine direkte Begegnung mit ihm vermied, ein "vielversprechendes Zeichen". Holbrooke habe mit Achundsadeh verabredet, "in Kontakt zu bleiben".

Der amerikanische Afghanistan-Beauftragte Richard Holbrooke (im Bild) traf sich mit dem stellvertretenden iranischen Außenminister Mehdi Aschundsadeh. (Foto: Foto: dpa)

In der Rede hatte der Iraner zwar deutlich die Verlegung weiterer amerikanischer Soldaten an den Hindukusch kritisiert. Der Einsatz "fremder Armeen hat nichts in dem Land verbessert und ein weiteres Anwachsen der Truppenzahl wird sich als wirkungslos erweisen", sagte er. Aber komplett lehnt Teheran nicht die von US-Präsident kürzlich verkündete neue Afghanistan-Strategie ab. Auch seine Regierung sehe in der "Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Nachbarn Afghanistans" den richtigen Weg, um "Sicherheit in diesem Land herzustellen", versicherte Achundsadeh den Delegationen aus 73 Staaten, die der Einladung der Vereinten Nationen und der niederländischen Regierung gefolgt waren.

Die Konferenz war auf Drängen Clintons zustande gekommen, die noch vor dem Nato-Gipfel am kommenden Wochenende die neue Afghanistan-Politik der USA auf der internationalen Bühne austesten wollte. Zum Kern dieser Politik gehört der "regionale Ansatz". Damit wird die Sicherheitslage in Afghanistan und Pakistan, von wo aus die Taliban und das Terrornetzwerk al-Qaida operieren, als Einheit betrachtet. Außerdem sollen alle Nachbarländer Afghanistans mitwirken und mehr Gewicht auf den zivilen Aufbau gelegt werden. Iran muss dabei nach Ansicht hoher Diplomaten eine wichtige Rolle spielen.

Konzentration auf Afghanistan

Clinton begründete die neuerliche Konzentration der USA auf Afghanistan damit, dass man nach den ersten Erfolgen gegen das Taliban-Regime im Jahr 2001 den Extremisten wieder erlaubt habe, "Fuß zu fassen". Mit den bereits angekündigten 17000 zusätzlichen Soldaten und 4000 Militärausbildern wolle man den zivilen Aufbau besser absichern und zugleich die afghanische Armee in die Lage versetzen, die Verantwortung für die Sicherheit selbst zu übernehmen. Bis 2011 soll die afghanische Armee 134000 Soldaten haben. Außerdem sollen dann 82000 Polizisten einsatzfähig sein.

Die amerikanischen Vorstellungen wurden von den Teilnehmern der Konferenz weitgehend unterstützt. Russlands Außenminister Sergeij Lawrow sagte, der "Kampf gegen den Terrorismus muss mit dem Aufbau Afghanistans verbunden werden". Für Deutschland kündigte Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Verstärkung des Engagements an. Den Vorschlag der USA lobte er als einen, "der uns endlich auf den Weg zu einer gemeinsame Strategie" bringe. In der Vergangenheit hatte es Differenzen zwischen Europäern und den USA über das Vorgehen in Afghanistan gegeben.

Berlin wird demnächst 600 weitere Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan schicken, die Teil der zusätzlichen Truppen sein werden, die die Präsidentschaftswahlen am 20. August schützen sollen. Diese Verstärkung ist durch das geltende Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz gedeckt. Steinmeier kündigte außerdem an, dass Deutschland zusätzliche 50 Millionen Euro für den Aufbau der afghanischen Armee zur Verfügung stellen wird. Außerdem wolle man den Flughafen in Masar-i-Scharif zu einem Handelsflughafen für ganz Afghanistan ausbauen. Im Übrigen werde man beim Aufbau einer Flugsicherung helfen. Berlin will auch verstärkt in die Polizeiausbildung investieren.

Zum Auftakt der Konferenz hatte der afghanische Präsident Hamid Karsai an die internationale Gemeinschaft appelliert, "nirgendwo Rückzugsgebiete für Terroristen zu tolerieren". Es gehe jetzt darum, dass sein Land immer mehr Verantwortung für sich selber übernehme. Die afghanische Armee zu stärken sei "der beste Weg, den Terrorismus zu überwinden". Den moderaten Taliban machte er erneut das Angebot, sich an dem zukünftigen Afghanistan zu beteiligen. Es gehe auch um "Versöhnung" in seinem Land, eine Position, die Clinton unterstützte. Die Bedingung sei, dass die Taliban der Gewalt entsagen und die afghanische Verfassung akzeptieren.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Teilnehmer der Konferenz dazu auf, alles zu unternehmen, dass der Einsatz in und für Afghanistan eine Erfolg wird. "Ein Scheitern können wir uns nicht leisten", sagte er. Die Nato, die die Afghanistan-Schutztruppe Isaf leitet, wird die neue amerikanische Afghanistan-Strategie auf ihrem Gipfel am Freitag in Straßburg und Kehl voraussichtlich als eigene Position übernehmen.

© SZ vom 1.4.2009/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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