Afghanistan:"Die Sicherheitslage hat sich signifikant verschlechtert"

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Nach dem Anschlags auf ein Bundeswehrfahrzeug in Kundus ist die Diskussion um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr neu entbrannt. Der Chef des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, warnt davor, die Situation in dem Nachkriegsland "schönzureden". Auch die Union fordert eine neue Einsatzstrategie für die deutschen Truppen.

Wenn es eine Häufung von Anschlägen gebe, gegen die man nicht wirksam vorgehen könne, "dann wird natürlich der Erfolg einer solchen Aufbauarbeit durchaus in Frage gestellt", sagte Gertz der Netzeitung.

Man müsse sich dann fragen, ob das Konzept der regionalen Aufbauteams insgesamt tauglich sei für die Stabilisierung der Zentralregierung von Präsident Hamid Karsai. Das Konzept der regionalen Aufbauteams müsse überprüft werden.

Bundesaußenminister Joschka Fischer müsse gemeinsam mit seinen Partnern neu darüber nachdenken, "ob das PRT-Konzept wirklich die Gewähr dafür bietet, dass in Afghanistan geordnet Wahlen durchgeführt werden können".

Gertz äußerte zudem Zweifel, ob der Bundestagsbeschluss für Kundus auch für das geplante zweite militärisch-zivile Aufbauteam in Afghanistan ausreiche. Denn man müsse davon ausgehen, "dass sich die Sicherheitslage signifikant verschlechtert hat".

Schmidt: Sicherheit nicht durch Präsenz gewährleistet

Der Chef des Bundeswehrverbandes sprach von einer "ziemlich kritischen" Situation, in der sich die Bundeswehr "nicht mehr so locker mit nicht gepanzerten Fahrzeugen bewegen" könne.

Bei dem Anschlag auf ein ISAF-Fahrzeug waren in Kundus am Mittwoch vier Afghanen getötet worden. Nach Bundeswehr-Angaben waren keine ISAF-Soldaten unmittelbar betroffen. Rund 250 deutsche Soldaten sind als Regionales Wiederaufbauteam (PRT) in der bislang als relativ sicher geltenden Region Kundus stationiert.

Der verteidigungspolitische Unions-Fraktionssprecher Christian Schmidt (CSU) bezeichnete dagegen den Versuch als gescheitert, "allein durch die Präsenz von Uniformierten Sicherheit zu erzeugen".

Afghanischer Aufbauminister fordert Aufstockung der Friedenstruppen

Schmidt forderte, den Bundestag darüber entscheiden zu lassen, ob nach Kundus nun auch nach Faisabad Bundeswehrsoldaten für ein Regionales Wiederaufbauteam (PRT) entsandt werden sollten.

Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler wies Forderungen der Union nach einem Strategiewechsel zurück. Dies sei "unseriös, vor allem, wenn man nicht sagt, was man will", sagte Erler der Berliner Zeitung.

Derweil hat der afghanische Wiederaufbauminister Amin Farhang eine Aufstockung der internationalen Friedenstruppen im Land von 6400 auf bis zu 10.000 Soldaten gefordert.

Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Farhang, zusätzliche Kräfte seien kurzfristig notwendig, um die geplanten Wahlen abhalten zu können. Zudem müssten weitere Wiederaufbauteams außerhalb Kabuls eingerichtet und schärfter gegen Terroristen vorgegangen werden. Andernfalls drohe eine weitere Verschiebung der Parlaments- und Präsidentschaftswahl.

"Wenn speziell die Deutschen ihr bereits großes Engagement im Rahmen der Nato noch ausweiten könnten, wären wir sehr froh", sagte Farhang.

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