Afghanistan:Bundesregierung erteilt Bush eine Absage

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Die Koalition hält die Entsendung von "Tornado"-Flugzeugen für ausreichend. Die USA nun sehen den Erfolg der Mission gefährdet.

Reymer Klüve und Christoph Schwennicke

Trotz der Forderung von US-Präsident George W. Bush an die Nato-Partner, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken, will die Bundesregierung den Einsatz nicht noch einmal ausweiten. Mehr Engagement als die Entsendung der sechs "Tornado"-Flugzeuge sei nicht möglich, hieß es in Berlin.

Die Bundesregierung sieht sich von der neuerlichen Aufforderung von George W. Bush zu mehr Engagement in Afghanistan nicht angesprochen. Deutschland werde vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestags Ende Februar mit sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen eine von der Nato angezeigte Lücke schließen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, am Freitag in Berlin.

Außerdem sei Deutschland schon drittgrößter Truppensteller und wolle zusätzlich zu den bereits knapp 3000 stationierten deutschen Soldaten noch 500 weitere für den Tornado-Einsatz bereitstellen. Berlin gehe davon aus, dass andere Nato-Partner "die ein oder andere Fähigkeit" beisteuern könnten, um Lücken zu schließen.

Bush erwartet erbitterte Kämpfe mit den Taliban

Präsident Bush hatte die europäischen Nato-Partner zu größeren Anstrengungen als bisher aufgefordert - aufgrund der schweren Verluste der Nato im vergangenen Jahr in Afghanistan und wegen der Aussicht auf neue "erbitterte Kämpfe" mit den Taliban. Wenn die Nato-Kommandeure in Afghanistan zusätzliche Soldaten anfordern, "müssen unsere Nato-Partner diese stellen, damit die Mission ein Erfolg wird", sagte Bush.

Er verlangte, dass die Nato-Länder nationale Einschränkungen für den Einsatz ihrer Soldaten aufheben. Der Einsatz der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ist laut Bundestagsbeschluss weitgehend auf den Norden des Landes beschränkt. Die heftigsten Kämpfe des vergangenen Jahres fanden jedoch im Süden statt.

Erst im vergangenen Monat hatte der bisherige Nato-Kommandeur in Afghanistan, der britische General David Richards, geklagt, dass mindestens 4000 bis 5000 Nato-Soldaten in Afghanistan fehlten. Mit Besorgnis wird in Washington die Entwicklung im Süden des Landes betrachtet, wo vor allem Kanadier erhebliche Verluste erlitten haben.

Neue Opfer bei der erwarteten Taliban-Offensive im Frühjahr könnten den innenpolitischen Druck auf den kanadischen Premier Stephen Harper derart erhöhen, dass er sich zu einer Truppenreduzierung gezwungen sähe. Das Mandat für die kanadischen Soldaten läuft Anfang kommenden Jahres aus.

Wenn dann nicht andere Länder einspringen, könnte das nach Auffassung des US-Militärs die Afghanistan-Mission gefährden und das gesamte Bündnis womöglich in eine Krise stürzen. Washington erwartet offenbar gerade von Deutschland ein größeres Engagement, weil es als eines der wenigen Länder über die entsprechenden militärischen Kapazitäten verfügt. Appelle aus anderen Nato-Staaten, Bundeswehrsoldaten auch in den umkämpften Süden zu schicken, hat Berlin bislang mit dem Hinweis abgelehnt, der Bundestag habe die derzeitige Mission auf den Norden beschränkt.

Der abermalige Druck aus Washington kommt für die Bundesregierung zu einer schwierigen Zeit. Am 28. Februar soll der Bundestag über die Entsendung der Aufklärungsflugzeuge abstimmen. Oppositionspolitiker haben davor gewarnt, dass mit dem Einsatz von Tornados im Süden Afghanistans weitere Anforderungen auf Deutschland zukommen könnten. Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen gegen den Tornado-Einsatz in Afghanistan.

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