Afghanistan:Ausschreitungen nach Tod von Zivilisten

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Nach Luftangriffen in Westafghanistan ist es zu Ausschreitungen mit Verletzten gekommen. Das US-Militär weist indes die Schuld an zivilen Toten von sich - und beschuldigt die Taliban.

Nach dem Tod von vermutlich mehreren Dutzend Zivilisten bei Luftangriffen in der westafghanischen Provinz Farah ist es in Farah-Stadt zu Ausschreitungen mit Verletzten gekommen.

Afghanische Dorfbewohner sitzen bei Gräbern von Opfern der Luftangriffe in der Provinz Farah. (Foto: Foto: AFP)

Hunderte Menschen hätten sich am Donnerstag zunächst in der zentralen Moschee der Provinzhauptstadt versammelt und Sprechchöre gegen die US-Truppen und die Regierung in Kabul skandiert ("Tod Amerika"), sagte ein Augenzeuge namens Ahmad Wali. Die aufgebrachten Demonstranten seien dann zum Büro des Gouverneurs gezogen. Dort hätten sie die Sicherheitskräfte mit Steinen beworfen, die daraufhin das Feuer eröffnet hätten. Mehrere Menschen seien verletzt worden.

Die Demonstranten forderten nach Worten des Parlamentsabgeordneten Mohammad Musa Nasrat die Bestrafung derjenigen, die für den Tod der Zivilisten verantwortlich seien. "Die Bürger in Farah-Stadt haben ihre Läden geschlossen und sich in der zentralen Moschee versammelt, um für die getöteten Zivilisten zu beten und ihrem Ärger über diese barbarische Tat der amerikanischen Truppen Ausdruck zu verleihen."

Nach Angaben von Nasrat und dem Parlamentarier Obaidullah Hilali waren bei US-Luftangriffen in Farah am Montag mehr als 100 Zivilisten getötet worden. Sollten sich diese Angaben bestätigen, wären das die bislang meisten Opfer unter der Zivilbevölkerung bei einem Einsatz der internationalen Truppen in Afghanistan. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat mitgeteilt, seine Mitarbeiter hätten Dutzende Leichen gesehen, darunter die von Frauen und Kindern.

US-Präsident Barack Obama sicherte angesichts des jüngsten Zwischenfalls mehr Schutz für die Zivilbevölkerung zu. "Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um zivile Opfer zu vermeiden", sagte er nach einem Dreiergipfel mit den Staatschefs aus Afghanistan und Pakistan, Hamid Karsai und Asif Ali Zardari, in Washington.

US-Militär weist Schuld von sich

Das amerikanische Militär meldete jedoch Zweifel an Berichten an, wonach die Opfer auf einen US-Luftangriff zurückzuführen sind. Der Kommandeur der US- und Nato-Soldaten in Afghanistan, US-General David McKiernan, erklärte, amerikanische Soldaten seien den afghanischen Einheiten zu Hilfe gekommen, die am Sonntag möglicherweise in einen Taliban-Hinterhalt geraten seien. Die Taliban hätten drei Zivilpersonen enthauptet, möglicherweise um die Polizei anzulocken.

"Wir haben andere Informationen, die uns zu merklich anderen Schlussfolgerungen über den Grund für die zivilen Verluste führen", sagte McKiernan. Einzelheiten wollte er keine nennen. Die USA arbeiteten mit den afghanischen Behörden zusammen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Aus ranghohen US-Militärkreisen verlautete am späten Mittwochabend, das Spezialkommando der Marine glaube, dass die afghanischen Zivilpersonen durch Granaten von Taliban-Kämpfer getötet worden seien. Die Taliban hätten dann einige der Leichen auf ein Fahrzeug geladen und durch das Dorf gefahren, um es wie einen US-Luftangriff aussehen zu lassen. Dies hätten Dorfbewohner den US-Ermittlern gesagt, die zu dem Dorf aufgebrochen waren, hieß es weiter. Es gebe bislang aber keine Beweise dafür.

© dpa/AP/AFP/bosw/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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