Afghanistan:"Auf der leicht abfallenden Straße zum Scheitern"

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Zwei Jahre nach dem Sturz der Taliban hat der Vizekommandeur der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) vor einer Verschlechterung der Sicherheitslage gewarnt. Nach dem Mord an einer Mitarbeiterin des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR haben die Vereinten Nationen ihre Arbeit in Afghanistan stark eingeschränkt.

Nach Einschätzung des kanadischen Nato-Generals Andrew Leslie lebt rund ein Viertel der afghanischen Bevölkerung wieder in Gebieten, in die die US-geführten Koalitionstruppen nur unter großem Sicherheitsaufwand eindringen könnten. Ausländische Hilfsorganisationen seien dort nicht mehr tätig. "Der Status quo ist keine Lösung", sagte Leslie der Berliner Zeitung.

Isaf-Sprecher Jörg Langer betonte allerdings, Leslie habe nicht vor einem Scheitern der Isaf- Mission gewarnt. Der General habe vielmehr die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, ihr Engagement in Afghanistan zu verstärken.

Angriffe radikalislamischer Rebellen haben seit August besonders im Südosten und Osten Afghanistans zugenommen, so Leslie. Seitdem starben bei gewaltsamen Zwischenfällen mehr als 370 Menschen, darunter Rebellen, afghanische Sicherheitskräfte, ausländische Soldaten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Zivilisten.

Überlandfahrten im Süden und Osten ausgesetzt

Nach dem Mord an einer Mitarbeiterin des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR haben die Vereinten Nationen ihre Arbeit in Afghanistan eingeschränkt.

In den süd- und ostafghanischen Provinzen Ghasni, Kandahar, Paktia und Dschalalabad seien Überlandfahrten vorübergehend ausgesetzt worden, sagte ein UN- Sprecher am Dienstag in Kabul.

Als Reaktion auf den Mord an der 29 Jahre alten UNHCR- Mitarbeiterin Bettina Goislard zog das UN-Flüchtlingshilfswerk alle ausländischen Mitarbeiter aus Ghasni ab.

Die Arbeit in der Provinz sei ausgesetzt worden, sagte eine UNHCR-Sprecherin in Kabul. Man überdenke die Arbeit in Afghanistan. In Pakistan stoppte UNHCR die Rückführung afghanischer Flüchtlinge vorübergehend. Goislard war am Sonntag in Ghasni von mutmaßlichen Taliban-Rebellen erschossen worden.

Bald zusätzliche Deutsche Vertretung im Westen

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte unterdessen, die von der Bundesregierung im Westen Afghanistans geplante zusätzliche diplomatische Vertretung nehme bald ihre Arbeit auf. Drei Diplomaten würden demnächst als Vorhut ihren Dienst in der Stadt Herat antreten, die Stelle werde Anfang Dezember eröffnet.

Bei einer Explosion in der Nähe eines Krankenhauses in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad wurde am Dienstag ein zehnjähriger Junge getötet. Das Kind habe im Krankenhausmüll nach Verwertbarem gesucht, berichtete die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP unter Berufung auf Augenzeugen.

Angriffe radikalislamischer Rebellen haben seit August besonders im Südosten und Osten Afghanistans zugenommen. Seitdem starben bei gewaltsamen Zwischenfällen mehr als 370 Menschen, darunter Rebellen, afghanische Sicherheitskräfte, ausländische Soldaten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Zivilisten.

Die Taliban waren Ende 2001 nach fünfjähriger Herrschaft in Afghanistan gestürzt worden.

(sueddeutsche.de/dpa)

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