Affäre um Ex-Spion:Auch Litwinenkos Kontaktmann Scaramella soll vergiftet sein

Lesezeit: 2 min

Laut britischen Medien wurde bei dem italienischen Geheimdienstexperten ebenfalls Polonium im Körper entdeckt.

Wolfgang Koydl

Auch im Körper eines Vertrauten von Alexander Litwinenko sind offenbar Spuren jenes Giftes festgestellt worden, das den Tod des russischen Ex-Spions verursacht haben soll.

Wie die britische "Health Protection Agency" erklärte, wurde im Körper "einer weiteren Person, die in direktem und sehr engem Kontakt" zu Litwinenko gestanden habe, "eine signifikante Menge" des radioaktiven Isotops Polonium 210 entdeckt.

Die Behörde nannte zwar keinen Namen; die britischen Medien gehen jedoch davon aus, dass es sich bei dieser Person um den italienischen Geheimdienstexperten Mario Scaramella handelt, der sich kurz vor der mutmaßlichen Vergiftung des Russen mit diesem in einer Sushi-Bar in London getroffen hatte.

Nach Medienberichten zeigt Scaramella jedoch keine Symptome einer Erkrankung. Dies könne dafür sprechen, dass er weniger als Litwinenko dem Gift ausgesetzt war. Nach Angaben von Medizinern entfaltet Polonium 210 seine zerstörerische Wirkung vor allem dann, wenn es geschluckt wird.

"Schurkenelemente" unter Verdacht

Die britischen Behörden schließen eine Verwicklung der russischen Regierung in den Todesfall Litwinenko mittlerweile aus. Wie die Londoner Tageszeitung Guardian unter Berufung auf offizielle Quellen weiter berichtete, verdichteten sich indes die Verdachtsmomente, dass "Schurkenelemente" im russischen Inlandsgeheimdienst FSB beteiligt gewesen sein könnten.

Nach diesen Angaben sind Scotland Yard und der britische Geheimdienst überzeugt, dass nur Personen mit Zugang zu einer staatlichen Nuklearanlage in Russland ein solches Komplott schmieden konnten.

In einem Londoner Krankenhaus wurde am Freitag die Leiche Litwinenkos obduziert. Mit einem Ergebnis wird erst in einigen Tagen gerechnet. Die Pathologen trugen Schutzanzüge, um sich vor einer möglichen Verstrahlung zu schützen. Die Ermittlungen der Polizei konzentrieren sich laut Guardian auf eine Gruppe von Russen, die mit zahlreichen Anhängern des russischen Fußballclubs ZSKA Moskau für ein Spiel gegen Arsenal London in die britische Hauptstadt gekommen waren.

Diese Personen, die von der Polizei als Zeugen und nicht als Verdächtige bezeichnet werden, seien kurz darauf nach Russland zurückgekehrt. Es ist nicht bekannt, ob sie mit einer jener Maschinen von British Airways gereist waren, in denen ebenfalls Polonium 210 entdeckt worden war.

Die irische Regierung in Dublin hat eigene kriminalpolizeiliche Untersuchungen über die Hintergründe der geheimnisvollen Erkrankung von Russlands Ex-Premier Jegor Gajdar eingeleitet. Er war auf einer Tagung in Irland krank geworden und hatte Blut erbrochen. Nach seiner Rückkehr nach Moskau wurde er in eine Klinik mit Symptomen einer Vergiftung in eine Klinik eingewiesen. Er gilt als gemäßigter Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

© SZ vom 2.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: