Abgaben:Und was ist mit den Sozialbeiträgen?

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Es führt in die Irre, wenn stets nur über Steuersenkungen geredet wird - über das Geld, das die Bürger an die Kranken- und Rentenversicherung zahlen, aber nicht.

Von Cerstin Gammelin

Wie viele Beteuerungen hat man in diesem Jahr schon gelesen, dass es angesichts stetig sprudelnder Steuereinnahmen geradezu überfällig ist, dem zahlenden Bürger ein wenig Geld zurückzugeben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble persönlich stellte eine kleinere steuerliche Entlastung für 2017 und eine größere für die Zeit nach der Bundestagswahl in Aussicht. Und nun das: Trotz aller Versprechen und der glänzenden Haushaltslage werden im nächsten Jahr zahlreiche Arbeitnehmer mehr zahlen müssen.

Der Grund dafür ist schnell ausgemacht. Wer ein Gehalt in der Größenordnung "oberer Durchschnitt"bezieht, wer kinderlos ist oder erwachsene Kinder hat und womöglich noch in Ostdeutschland lebt, profitiert nicht von den steuerlichen Entlastungen. Denn diese werden durch steigende Sozialbeiträge aufgezehrt.

So bedauerlich das für alle Betroffenen sein mag - die Nachricht hat eine ausgesprochen positive Seite. Sie kommt gerade rechtzeitig vor dem beginnenden Bundestagswahlkampf. Denn sie kann das bereits gestartete Wettrennen der Parteien in der Steuerpolitik noch in die richtige Richtung lenken.

Es führt in die Irre, immer nur über Steuersenkungen zu reden

Die Auswirkungen von Schäubles Entlastungsplänen für 2017 zeigen, dass es schlicht irreführend ist, nur über Steuersenkungen zu reden. Sicherlich ist es angezeigt, dass die Parteien darüber nachdenken, wie das deutsche Steuersystem modernisiert und Steuern fairer erhoben werden können. Wer aber einfach Steuersenkungen als ausreichendes Mittel propagiert, um den Bürgern Geld zurückzugeben, verfolgt entweder ein theoretisches Ideal. Oder er verkennt die Wirklichkeit.

Tatsache ist, dass es bei den Beiträgen in die deutschen Sozialversicherungssysteme eine klare Tendenz gibt. Sie stagnieren - oder sie steigen. Mit der klaren Aussicht, dass sie langfristig immer weiter steigen. Für viele sind die Konsequenzen nun im kommenden Jahr spürbar. Sie zahlen drauf. Und auch wenn man zugesteht, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer schon ein paar Euro mehr als 2016 ausgeben kann, ist doch klar: Wer die Bürger wirklich entlasten oder auch fairer belasten will, muss Steuertarife und Sozialversicherungen zusammen betrachten und seine Rechnung auf beides ausdehnen.

Auch wenn es den Bürgern am Ende egal sein dürfte, welcher Quelle es zuzuschreiben ist, dass sie künftig mehr oder weniger Geld zur Verfügung haben, so müssen die Parteien neu nachdenken. Einige Vorschläge zur Entlastung bei Sozialbeiträgen, etwa von den Sozialdemokraten, liegen bereits vor. Bisher sind sie allerdings im Getöse untergegangen, welche Partei die größte Steuerentlastung plant.

Rein rechnerisch ist es natürlich möglich, eine Steuerreform so groß zu fassen, dass sie letztlich alle Beitragssteigerungen zur Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung überwiegt - sodass alle Bürger profitieren. Aber für eine solche Reform liegt kein Konzept vor. Den finanziellen Spielraum dafür hätte auch kein Finanzminister, egal wie er heißt.

© SZ vom 28.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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