ABC-Waffen:Libyen entsagt der Massenvernichtung

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Nach monatelangen Verhandlungen mit den USA und Großbritannien hat Libyen seinen Verzicht auf ABC-Waffen erklärt. "Libyen wird von jetzt an an der Spitze der Staaten stehen, die auf eine von Massenvernichtungswaffen befreite Welt hinarbeiten", sagte Staatschef Muammar el Gaddafi.

US-Präsident George W. Bush und der britische Premier Tony Blair hatten zuvor mitgeteilt, Tripolis habe sich nach neunmonatigen multilateralen Gesprächen zur Aufgabe seiner ABC-Waffenprogramme verpflichtet.

Die Ankündigung des nordafrikanischen Landes stieß international auf breite Zustimmung.

Gaddafi stellte das überraschende Zugeständnis seines Landes in Zusammenhang mit dem internationalen Kampf gegen den Terrorismus: Libyen gehöre nun zu jenen Ländern, die "eine friedliche Welt ohne Terrorismus und Waffen" gestalten wollten.

Mit seiner Entscheidung wolle Libyen auch die Beziehungen zu den USA auf eine neue Basis stellen, sagte der stellvertretende libysche Außenminister Hassuna Tschauch. Beide Länder unterhalten derzeit keine diplomatischen Beziehungen.

Wie die Regierung in Tripolis mitteilte, wird Libyen alle internationalen Verträge einschließlich des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag einhalten.

Libyen habe nach Gesprächen mit britischen und amerikanischen Experten entschieden, "sämtliche Einrichtungen, Herstellungsgeräte und Programme", die der Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen könnten, aufzugeben.

"Quelle von Stabilität in Afrika und im Nahen Osten"

Das Land sei weiterhin bereit, "jedes Team internationaler Inspekteure" zu empfangen.

In der Stellungnahme wies Libyen ausdrücklich darauf hin, dass es "die defensiven Fähigkeiten entwickeln" wollte.

US-Präsident George W. Bush begrüßte die Erklärung Libyens: Das Land könne zu einer "Quelle von Stabilität in Afrika und im Nahen Osten" werden.

Inspekteure von internationalen Organisationen könnten nun nach Libyen reisen und einen Bericht über mögliche nukleare, chemische und biologische Waffen erstellen. "Libyen hat den Prozess der Wiedereingliederung in die Staatengemeinschaft begonnen", lobte Bush.

Die USA und Großbritannien müssten aber weiter wachsam bleiben, denn Libyen habe eine "belastete Geschichte."

Blair erklärte im britischen Fernsehen, der "mutige und historische Schritt" Libyens zeige, dass das Problem der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen auch mit "gutem Willen und Diskussionen" angegangen werden könne.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) begrüßte den Schritt Libyens als "positives Signal für die Abrüstung und die Vernichtung von Massenvernichtungswaffen."

"Die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien haben durch ihre Initiative den entscheidenden Beitrag zu diesem beispielhaften Schritt Libyens geleistet", sagte Fischer in Berlin.

Fortsetzung der Annäherung

Auch Frankreich, Italien und die NATO gratulierten Gaddafi zu seiner Entscheidung. Libyen kehre wieder in die internationale Gemeinschaft zurück, betonte der israelische Außenminister Silvan Schalom im Rundfunk.

Mit seinem Verzicht auf ABC-Waffen setzt Revolutionsführer Gaddafi seinen Annäherungskurs an die westliche Welt fort.

Vor einem Monat hatte der UN-Sicherheitsrat bereits die Sanktionen gegenüber Libyen aufgehoben, nachdem Tripolis die Verantwortung für die Anschläge auf die PanAm-Maschine über dem schottischen Lockerbie sowie auf die UTA-Maschine über der nigrischen Wüste übernommen hatte.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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