Spätestens unser heutiger Arbeitstag führt uns wieder das ganze Ausmaß der so lange vergessenen humanitären Tragödie im Sudan in aller Deutlichkeit vor Augen. Die Landschaft rings um die Stadt El Fasher ist ganz afrikanische Trockensavanne.
Nur die Schirmakazien mit ihren rasiermesserscharf begrenzten, weit ausladenden Baumkronen, die mir aus Tansania, Kenia und Ruanda so vertraut sind, fehlen - das erinnert mich daran, dass Darfur ja näher an der nordafrikanischen Wüstenlandschaft liegt. Auch plötzlich auftretende heftige Sandstürme (arabisch: "Haboub") sind ein Phänomen der endlosen libyschen Wüste.
Am Horizont tritt zunächst eine streifenförmige orangerötliche Verfärbung des tiefblauen Himmels auf, die sich zusehends zu einer wolkengekrönten grau-roten Mauer aufbaut. Diese Sandsturmfront nähert sich mit sichtbarer Schnelligkeit und türmt sich immer bedrohlicher und dunkler vor uns auf.
Die Flüchtlinge kauern sich unter den dürftigen Zeltplanen zusammen
Die Bewohner der Stadt verschließen hastig die klappernden Luken ihrer Häuser, die Flüchtlinge im Lager sichern ihre dürftigen Zeltplanen, unter denen sie sich mit ihrer Familie zusammenkauern. Plötzlich werden wir von der Sandwalze überrollt, der Himmel ist nicht mehr rostfarben, sondern nachtschwarz, Staub und Sand peitschen in unser Gesicht.
Wir verkriechen uns in Gebäude, Zelte oder in die Fahrzeuge. Selbst die Autoscheinwerfer können die Dunkelheit nicht mehr durchdringen, so wie bei einem starken Schneesturm um Mitternacht. So plötzlich, wie der Haboub aufgetreten ist, verzieht er sich dann wieder, die Menschen klopfen sich den Staub aus den Kleidern und halten nach Regen Ausschau, der oft vom Sandsturm angekündigt wird.
Am schlimmsten hat der Haboub aber unser technisches Gerät getroffen, die Laborausstattung oder die Tastaturen der Computer, in die sich der feine Sand dauerhaft einnistet. Der erwartete Regen bleibt heute aus.