Neuer Streit zwischen SPD und Union:Türkei-Beitritt spaltet die Große Koalition

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Die nächste Zerreißprobe für die Große Koalition: CSU-Chef Stoiber will die laufenden Verhandlungen mit Ankara einfrieren, Außenminister Steinmeier will sie fortführen - und warnt zugleich davor, die Verhandlungen in Frage zu stellen oder zu zerreden.

CSU-Chef Edmund Stoiber hat die Europäische Union (EU) aufgefordert, die laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren.

Das muss die Konsequenz sein aus dem andauernden Vertragsbruch der Türkei gegenüber dem EU-Mitglied Zypern und dem negativen Bericht der EU-Kommission über Fortschritte in der Türkei", sagte CSU-Chef Edmund Stoiber der Zeitung Die Welt einen Tag vor Veröffentlichung des so genannten EU-Fortschrittsberichtes zu den Reformen in der Türkei.

Bis zur Lösung dieser Fragen sollten keine weiteren Verhandlungskapitel mehr eröffnet werden.

Stoiber bezeichnete die bisherige Nicht-Anerkennung des EU-Mitgliedes Zypern durch die Türkei als "absolut inakzeptabel" und "krass vertragswidrig". Stoiber weiter: "Es geht nicht, dass man so tut als sei nichts geschehen und gleichzeitig neue Verhandlungskapitel eröffnet, obwohl sich die Türkei offensichtlich vertragswidrig verhält."

Zugleich bekräftigte Stoiber seine "klare Ablehnung" einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei und forderte stattdessen, die Türkei in eine "intensive Nachbarschaftspolitik" einzubeziehen. "Die Türkei ist kein europäisches Land und kann deshalb am Ende der Verhandlungen auch nicht EU-Mitglied werden."

Steinmeier: "Wir wollen den Erfolg der Verhandlungen"

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat eine konsequente Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verlangt. Mit Blick auf den anstehenden Fortschrittsbericht der EU-Kommission sagte der Minister der Bild-Zeitung: "Die Botschaft lautet: Trotz Fortschritten sind in der Türkei noch erhebliche Reformanstrengungen nötig. Klar ist aber auch: Wir wollen den Erfolg der Verhandlungen. Das sollte für Ankara ein Ansporn sein, den eingeschlagenen Weg mutig weiterzugehen."

Der SPD-Politiker warnte zugleich eindringlich davor, die Verhandlungen in Frage zu stellen oder zu zerreden: "Manche in Europa scheinen ein Scheitern der Beitrittsverhandlungen regelrecht herbeireden zu wollen. In der Türkei verstärkt das den Eindruck, in der EU nicht willkommen zu sein. Diesem Eindruck müssen wir entgegenwirken."

Zur strittigen Frage einer Änderung des türkischen Strafrechtsparagrafen zu "Beleidigung des Türkentums" sagte der Minister, das Thema sei wichtig, "weil es in dieser Frage um das Prinzip der Meinungsfreiheit geht - für Europäer ist das ein unverzichtbares Gut". Deshalb begrüße er, dass der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Bereitschaft signalisiert habe, den Paragrafen zu ändern. "Nun wird es darum gehen, die Ankündigung auch umzusetzen."

In der Zypern-Frage müsse man alles dransetzen, noch in diesem Jahr einen fairen Kompromiss zu finden, betonte der Minister. Die Türkei müsse ihre Häfen und den Luftraum auch für Zypern öffnen, gleichzeitig müsse die EU ihr Versprechen erfüllen, den direkten Handel mit Nord-Zypern zu ermöglichen. "Alle Seiten müssen jetzt zum Erfolg der finnischen Vermittlungsbemühungen beitragen", sagte Steinmeier.

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