11. September 2001:Rice nimmt ihren Chef in Schutz

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Drei lange Stunden stellte sich Condoleezza Rice den Fragen im Untersuchungsausschuss zu den Anschlägen in New York. Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident George W. Bush gestand Versäumnisse bei der Einschätzung der Terrorgefahr ein - und das schon lange vor der Regierung Bush.

In ihrer mit Spannung erwarteten Aussage vor der Kommission zur Untersuchung der Anschläge vom 11. September 2001 hat US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice eine schlechte Vorbereitung der USA auf die Bedrohung eingeräumt. Das Land sei damals ganz einfach nicht im Kriegszustand gewesen, erklärte Rice am Donnerstag unter Eid. Ihre fast dreistündige Aussage wurde live im Fernsehen übertragen.

"Seit mehr als 20 Jahren hat sich die terroristische Bedrohung aufgebaut, und die Reaktion Amerikas über mehrere Regierungen beider Parteien hinweg war ungenügend", sagte Rice. Es habe keine "silberne Kugel" gegeben, die den schwersten Terroranschlag in der US-Geschichte hätte verhindern können. Präsident George W. Bush habe jedoch vorab die Bedrohung und deren Bedeutung verstanden, erklärte Rice und wies damit indirekt einen Kritikpunkt des ehemaligen Anti-Terror-Koordinators der Regierung, Richard Clarke, zurück.

Bush sei bei seinem Amtsantritt entschlossen gewesen, eine "robustere" Politik zur Bekämpfung von al Qaida zu entwickeln. "Er hat mir klar gemacht, dass er nicht auf einzelne al-Qaida-Angriffe reagieren wolle. Er hat mir gesagt, er sei es leid, 'nach Fliegen zu schlagen'." Im Gegensatz zu Clarke entschuldigte sie sich nicht dafür, die Anschläge nicht verhindert zu haben. Sie sagte jedoch: "Als Regierungsbeamtin, die an jenem Tag Dienst hatte, werde ich niemals den Schmerz und den Zorn vergessen, den ich fühlte."

Die Sicherheitsberaterin Bushs hatte sich zunächst geweigert, öffentlich vor der Kommission auszusagen. Das Weiße Haus stimmte Ende März aber schließlich doch zu. Die Regierung beugte sich mit ihrer Entscheidung dem enormen öffentlichen Druck. Rice stand dem Untersuchungsausschuss bereits am 7. Februar Rede und Antwort. Ihre Angaben mussten damals aber vertraulich behandelt werden.

Clarke hatte schwere Vorwürfe an die Adresse des Weißen Hauses gerichtet. Bush sei dem Terrornetzwerk al Qaida weniger entschlossen entgegengetreten als sein Vorgänger Bill Clinton, sagte Clarke. "Präsident Bush hat vor dem 11. September nichts getan." Bush sei der Terrorgefahr vor den Anschlägen gleichgültig gegenüber gestanden. Die Entscheidung, in Irak einzumarschieren, habe den Kampf gegen den Terrorismus untergraben, kritisierte Clarke.

Terrorabwehr nur eines der außenpolitischen Ziele

Rice ging in ihrer Aussage nicht Punkt für Punkt auf die Vorwürfe Clarkes ein. Sie habe beim Amtsantritt der Regierung die ungewöhnliche Entscheidung getroffen, Clarke im Amt zu behalten, da er ein "Experte auf seinem Gebiet" und ein erfahrener Krisenmanager sei.

Die Abwehr von Terroristen sei nur eine von vielen außenpolitischen Themen der neuen Regierung gewesen. Diese habe die Arbeit an ihrer ersten größeren Direktive zur nationalen Sicherheitspolitik am 4. September 2001 abgeschlossen.

Darin sei es "nicht um Russland, nicht um Raketenabwehr, nicht um Irak, sondern um die Ausschaltung von al Qaida" gegangen. Clarke hatte erklärt, Bush habe ihn gedrängt, nach den Terroranschlägen eine Spur nach Irak zu finden. Auf Nachfrage sagte Rice, sie könne sich an solch eine Diskussion nicht erinnern.

"Aber ich bin recht sicher, dass der Präsident niemals jemanden dazu gedrängt hat, die Fakten zu verdrehen." Als Bushs Spitzenberater nach dem 11. September zusammengetroffen seien, habe niemand Schritte gegen Irak vor einer Militäraktion gegen Afghanistan empfohlen.

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