Woran die Menschen sterben:Aids, Herzinfarkt, Schlaganfall

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Die mit Abstand meisten Menschen, die 2002 im Alter von 15 bis 59 Jahren starben, wurden Opfer des HI-Virus. Das geht aus dem Jahresbericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor. Die armen Länder, so warnt die Organisation, können nicht einmal mehr die Grundversorgung ihrer Bevölkerung sicherstellen.

Die WHO stellte ihren Bericht am Donnerstag in Genf vor. Nach neuesten Berechnungen starben im Jahr 2002 knapp 2,3 Millionen Menschen dieser Altersgruppe an Aids, es folgen Herzinfarkt (1,3 Millionen), Tuberkulose (1 Million), Verkehrsunfälle auf Straßen (0,8 Millionen) und Schlaganfall (0,78 Millionen).

Betrachtet man alle weltweit 45 Millionen Todesfälle von Menschen ab 15 Jahren, so starben fast drei Viertel an nicht übertragbaren Krankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, heißt es in dem Bericht. Außer in Afrika: Dort war Aids der Killer Nummer eins, auch in der gesamten Altersgruppe ab 15 Jahren.

"Die Zukunft gestalten"

Der Weltgesundheitsbericht mit dem Titel "Die Zukunft gestalten" beschreibt auf der Grundlage medizinischer Erhebungen in allen 192 WHO-Mitgliedstaaten die wichtigsten Aufgaben für die Zukunft:

Der Kampf gegen die immer wieder ausbrechenden Infektionskrankheiten wie Grippe, die ungebrochene Aids-Epidemie, die gesundheitlichen Probleme in der modernen Arbeitswelt sowie den Tod auf der Straße.

Nach Ansicht der WHO lässt sich durch engere internationale Zusammenarbeit ein großer Teil der Leiden der Weltbevölkerung mildern. Sie verweist darauf, dass am selben Tag in Japan und in Sierra Leone geborene Babys völlig ungleiche Lebenserwartungen haben, nämlich 85 und nur 36 Jahre. Der WHO geht es vor allem um bessere Lebensgrundlagen für die Ärmsten und Benachteiligten.

Nach Ansicht des WHO-Generaldirektors Jong Wook Lee werden weitere Epidemien die Menschheit heimsuchen. Eine der Ursachen für den Ausbruch vieler Epidemien seien unzureichende oder vernachlässigte Gesundheitssysteme.

So könnten die armen Länder nicht einmal mehr die Grundversorgung ihrer Bevölkerung sicherstellen, Millionen seien deshalb zum Tod oder einem Leben mit schweren Behinderungen verurteilt, warnte die Organisation.

Nach ihren Angaben sind von der Krise vor allem die Entwicklungsländer betroffen und dabei insbesondere die Staaten des südlichen Afrikas. Doch habe sie Auswirkungen auf alle Staaten, besonders wegen der weltweiten Verbreitung von Infektionskrankheiten. Dem Bericht zufolge entwickeln sich die armen Länder zu einem wahren Sammelbecken für Infektionskrankheiten.

Krasse Mängel bei der Grundversorgung

Die größte Gefahr für das Gesundheitswesen eines Landes stelle der "Mangel an Menschen dar, die erst dafür sorgen, dass es funktioniert", heißt es im Bericht der Organisation. Zahlen nannte die WHO allerdings nicht.

Wegen der krassen Mängel bei der Grundversorgung sei etwa die Zahl der afrikanischen Neugeborenen, die kaum Chancen hätten, ihren fünften Geburtstag zu überleben, auch ohne Aids inzwischen mehr als ein Drittel höher als vor zehn Jahren.

Für Frauen in Entwicklungsstaaten ist laut WHO die Gefahr, bei der Geburt zu sterben, sogar 250-mal höher als in den Industrienationen. Der Bericht kritisiert vor allem die Haltung der Regierungen und "internationaler Behörden", die dem Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen und den Konsequenzen zu wenig Beachtung schenkten.

Gleichzeitig kündigte sie an, sich künftig "aggressiv" für Verbesserungen einzusetzen. Laut Lee wären auch die armen Staaten mit internationaler Hilfe in der Lage, ihre Gesundheitsversorgung auszubauen.

Die relativ rasche Eindämmung der schweren Lungenkrankheit Sars ist nach Auffassung der WHO vor allem dem Umstand zu verdanken, dass sich die Infektionskrankheit nach ihrem Ausbruch in China vorwiegend in Ländern mit funktionierenden Gesundheitssystemen ausbreitete.

Warnung vor neuem Sars-Ausbruch

Hätte Sars in Ländern mit mangelhafter medizinischer Versorgung Fuß gefasst, wäre der Vormarsch des Virus' demnach kaum zu stoppen gewesen. Die mysteriöse Lungenkrankheit war im November vergangenen Jahres erstmals in China aufgetreten; insgesamt wurden Menschen aus 32 Ländern infiziert. Fast 800 Menschen starben, bevor die WHO im Juli die Epidemie für eingedämmt erklärte.

In ihrem Weltgesundheitsbericht warnte die Organisation jedoch vor einem erneutem Auftreten des Sars-Virus während der typischen Grippemonate. Ob sich die ungeheuren Anstrengungen bei der Isolierung der Sars-Fälle nochmals und möglicherweise dann über einen längeren Zeitraum wiederholen ließen, sei fraglich.

Der Bericht zitierte eine Reihe von Lehren aus der Epidemie: Dazu zählten die Notwendigkeit, Krankheitsfälle sofort zu melden, sofort weltweit Alarm zu schlagen und Reisende strikten Kontrollen zu unterwerfen. Zur Bekämpfung derartiger Epidemien müsse vor allem aber die Wissenschaft weltweit eng kooperieren. Sars werde nicht "die letzte neuartige Erkrankung sein, die von den Bedingungen der Globalisierung profitiert", warnte der Bericht.

(sueddeutsche.de/dpa/AFP)

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