Wolfgang Joop:"Stilbruch ist wieder in"

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Wolfgang Joop, 60, ist einer der erfolgreichsten Modedesigner Deutschlands. 1982 kam seine erste Damenkollektion auf den Laufsteg. Nach Jahren in Hamburg und New York zog er im Juli 1998 wieder nach Potsdam und verkaufte seinen Markennamen JOOP! Mit seinem neuen Label "Wunderkind Couture" gelang ihm vor einem Jahr ein Überraschungserfolg.

Interview: Joachim Bessing

SZ: Was schätzen Sie an Berlin?

Wolfgang Joop: Schräge Ideen werfen Gewinn ab (Foto: Foto: ddp)

Joop: Es ist wie eine Dame im geliehenen Abendkleid: Es sitzt nicht recht und ist farblich auch etwas unentschieden, aber genau dieser Stilbruch ist wieder in Mode. Über meine erste Modenschau in New York schrieb in den achtziger Jahren ein amerikanischer Kritiker: "He has a strange taste -- Sauerkraut and Palatschinken". Heute sehe ich das bei Marc Jacobs bis Gucci.

SZ: Ihre Kollektion "Wunderkind" führen Sie aber nicht in Berlin vor, sondern in New York. Warum ?

Joop: Ich arbeite hier, wir entwerfen die Kollektion hier, und sie wird auch hier gearbeitet. Nach New York gehen wir, weil ich dort mein altes Netzwerk habe. Und die Model-Elite da ist.

SZ: Was fehlt Berlin außer Models?

Joop: Die wichtigen Medien sitzen in Paris oder New York, die schauen nicht auf Berlin. "Bread and Butter", das ist alles schön, aber eben bloß für junge Leute interessant. Wir stehen mit "Wunderkind" neben Calvin Klein und Donna Karan, preislich sind wir sogar noch höher angesiedelt, bei Chanel und Dior.

SZ: Und geht Ihr Konzept auf?

Joop: Ja, und niemand kann es fassen!

SZ: Kennen Sie andere Modeschöpfer in Berlin, die profitabel arbeiten?

Joop: Maison Anti. Unrath und Stranow, der bei Vivienne Westwood studiert hat. Kostas Murkudis soll inzwischen auch hier sein, wie ich höre. Ich muss zugeben, wenn eine neue Kollektion ansteht, schaue ich mich in den Berliner Boutiquen um, kaufe mir billige Sportswear und komische Pullover aus Acryl -- und übersetze das dann in unsere Materialien. Hier gibt es sehr Originelles.

SZ: Berlin ist die Stadt der Inspiration; was aber fehlt ihr zum Modestandort?

Joop: Sachkundige Politiker. Frau Merkel hat sich neulich immerhin bei mir eingeladen, um sich zwei Stunden mit mir zu unterhalten. Dazu fehlt Gerhard Schröder die Fantasie, Herrn Stoiber ebenso.

SZ: Hat denn der Wirtschaftsminister Sie schon aufgesucht?

Joop: Clement? Müntefering? Wie kommen Sie denn darauf? In Frankreich gibt es einen Kulturminister, der würde sofort versuchen, mit Herrn Lagerfeld Kontakt aufzunehmen, wenn da mit der Modebranche etwas nicht stimmt. Auch in New York und Mailand sind die Politiker in diesen Dingen hellwach. Hier nicht.

© SZ vom 22.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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