Weltjugendtag:"Höhepunkt meiner Laufbahn"

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Es war die größte Menschenansammlung in Deutschland seit Jahrzehnten. Entsprechend lange dauerten die Nacharbeiten des katholischen Weltjugendtages vom August, erst jetzt schließt das Organisationsbüro. Geschäftsführer Hermann-Josef Johanns zieht Bilanz - wirtschaftlich und persönlich.

Martin Reim

An diesem Freitag ist der 20. Weltjugendtag endgültig Geschichte. Dann schließt die Organisationszentrale in der Kölner Innenstadt. Nur Geschäftsführer Hermann-Josef Johanns bleibt drei Monate länger und bekommt in einem kirchlichen Haus ein Büro.

Beim Weltjugendtag im August begnete der Papst den Gläubigen nicht nur leibhaftig, sondern auch als Lolli. (Foto: Foto: dpa)

Damit schließt sich der Kreis für den 55-Jährigen, denn schon bei seinem Amtsantritt im Jahre 2002 war er sein einziger Mitarbeiter. In ihrer Hochphase bestand die Organisation aus Hunderten von Personen. Während des Weltjugendtages im August kamen rund 20.000 Kurzzeit-Helfer hinzu.

Das sechstägige Treffen hatte 400.000 Teilnehmer aus aller Welt angezogen. Zum Abschlussgottesdienst mit Papst Benedikt XVI. waren 1,1 Millionen Besucher gekommen, was dies zur größten Menschenansammlung in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg machte.

Sprachprobleme zwischen Wirtschaft und Kirche

Der gebürtige Leverkusener Johanns ist es gewohnt, viele Leute zu führen. Vor seiner Tätigkeit beim Weltjugendtag war er im Vorstand des Gerling-Konzerns, einem der größten Versicherer Deutschlands. Und trotz - oder vielleicht wegen - seiner jahrzehntelangen Erfahrung bei Unternehmen sagt Johanns: "Der Weltjugendtag war der Höhepunkt meiner beruflichen Laufbahn. Ich habe noch nie mit einer so motivierten Gruppe zusammengearbeitet. Da war oft noch nachts um ein Uhr das Haus voll."

Gleichwohl hätten seine privatwirtschaftlichen Usancen manchmal für Irritationen gesorgt - beispielsweise die Art, personelle Entscheidungen zu treffen. "Wenn die Lage klar war, habe ich nicht noch einmal geredet, sondern bestimmte Veränderungen herbeigeführt. Kirchenvertreter drehen hier oft noch einmal eine Schleife."

Auch die unterschiedliche Sprache sei ein Problem gewesen: "Viele haben mich am Anfang einfach nicht verstanden. Wenn ich gesagt habe: 'Wir müssen den Weltjugendtag stemmen', haben alle nur gekuckt. Aber inzwischen reden manche schon genauso."

Bestattungsfirma offerierte Sonderkonditionen

Der Weltjugendtag selbst sei "fast auf der ganzen Linie gelungen", sagt Johanns. "Es war ein fröhliches, offenes, friedvolles Fest." Viele Befürchtungen hätten sich als falsch erwiesen - beispielsweise jene, dass die Äcker, auf denen die Messe stattfand, hinterher ruiniert seien. "Nach derzeitiger Kenntnis waren die Schäden sehr gering. Genau wissen wir das erst nach der Ernte im nächsten Jahr."

Auch lag derjenige Bestattungsunternehmer falsch, der einen Sonderpreis anbot für all jene Toten, die es - rein statistisch - während des Treffens hätte geben müssen. Johanns lehnte damals ab. Zu Recht, denn alle Besucher überlebten das Spektakel.

Einige Details würde Johanns nach eigenen Worten allerdings heute anders entscheiden. So habe das Konzept "Das Essen kommt zum Pilger" angesichts der zu komplizierten Logistik zu Warteschlangen geführt. Den Helfern war es nicht immer gelungen, die Speisen in der nötigen Menge zu den Besuchern zu bringen. Der Geschäftsführer meint, man müsse einen Mittelweg finden zwischen dem stark dezentralen Konzept und einem - bei früheren Weltjugendtagen angewandten - komplett zentralisiertem Vorgehen.

Papst als Verkehrshindernis

Eine weitere Lehre ist: "Ich würde konsequenter darauf drängen, dass der Papst nicht mit dem Auto, sondern mit dem Hubschrauber zum Gottesdienst kommt. Die Straßen waren so weiträumig abgesperrt, dass viele Pilger erhebliche Probleme mit der Abreise hatten."

Besonders stolz ist der bekennende Katholik darauf, "dass die Organisation grundsätzlich funktioniert hat, obwohl die Teilnehmerzahlen um einiges höher lagen als erwartet". Hauptgrund für den Ansturm war die Tatsache, dass der deutsche Papst Benedikt XVI. erstmals sein Heimatland besuchte.

Der große Andrang und die schärferen Sicherheitsbestimmungen sorgten für einen Anstieg der Ausgaben gegenüber den geplanten knapp 100 Millionen Euro "um rund ein Fünftel"; die exakte Summe wird laut Johanns erst Anfang kommenden Jahres feststehen, "weil immer noch gerechnet wird".

Schwarze Null angepeilt

Ebenso eifrig bemühen sich der Geschäftsführer und sein Team in diesen Tagen darum, den Haushalt auszugleichen. Dies soll unter anderem durch zusätzliche Mittel von Sponsoren geschehen. Nach bisherigen Hochrechnungen werde man eine "schwarze Null" erwirtschaften, sagte Johanns.

Solch ein Ergebnis wäre insofern überraschend, als vergangene Weltjugendtreffen entgegen der ursprünglichen Kalkulationen mit einem Minus geendet hatten. Beispielsweise klaffte bei der Vorgängerveranstaltung im kanadischen Toronto im Jahr 2002 ein überraschendes Finanzloch im Umfang von umgerechnet 14 Millionen Euro.

Und es spricht der Betriebswirt aus dem kirchlichen Geschäftsführer Johanns, wenn er sagt: "Wenn wir so etwas vermeiden könnten, und es sieht ganz danach aus, dann würde dies den Weltjugendtag auch finanziell zu einem großen Erfolg machen."

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