Weinführer:Deutschlands WeinGuide 2002

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Der neue Gault Millau führt zuverlässig zu den deutschen Top-Weinen und -Winzern

STEPHAN REINHARDT

Die neue, ob eines schwierigen deutschen Erntejahres 2000 mit Spannung erwartete Ausgabe des Gault Millau WeinGuide beginnt mit einer Ernüchterung: Armin Diel (selbst bedeutender Winzer von der Nahe) und Joel Payne gestehen frank und frei: "Lange schon hat uns die Verkostung eines Jahrgangs so wenig Freude bereitet, weil ein erheblicher Teil der Weine so schwach bis fehlerhaft war, dass man sie besser nicht abgefüllt hätte."

Alleine mit den vergebenen Titeln wie "Winzer des Jahres" oder "Weinkarte des Jahres" sowie den zahlreichen Bestenlisten füllt das Buch schon über 40 Seiten. Insgesamt hat es übrigens 756 inkl. Register. (Foto: N/A)

Zwar nehmen sie einige Anbaugebiete aus diesem niederschmetternden Pauschalurteil heraus - die Nahe, aber auch die Mittelmosel, Franken, Saale-Unstrut und Teile des Rheingaus -, doch insgesamt konnten die meisten Winzer in Deutschland dem ungünstigen Witterungsverlauf (feuchter Juli und massenweise Regen im wichtigsten Erntemonat Oktober) nicht trotzen: weder im Weinberg noch im Keller.

Immerhin - und das ist ja ein durchaus positives Fazit des Jahrgangs 2000 und nach der Lektüre des Buches - kommt in den in der Breite vielleicht nur mittelprächtigen Weinen zum Ausdruck, dass die deutschen Spitzenwinzer mit ihren Prädikatsweinen doch überwiegend herkunftsrepräsentative "Naturweine" erzeugen, die wenig bis nichts mit den standardisierten, aromatisierten und anderweitig aufgestylten Weinen gemein haben, wie sie massenhaft nicht nur in der Neuen Weinwelt produziert werden. Das ist zwar ein schwacher Trost für dieses Mal schwächelnde Weine, aber immerhin, es ist einer.

Winzer des Jahres

Doch auch das zeigten die Verkostungen des Gault Millau-Teams: wer zum richtigen Zeitpunkt gelesen und sein oftmals faules Traubenmaterial streng aussortiert hatte, der konnte auch in einem vom Vegetationsverlauf eher schwierigen Jahr gute bis sehr gute Qualitäten in die Flasche bringen.

Zum Beispiel in der Pfalz. Ein katastrophaler Witterungsverlauf konnte Hansjörg Rebholz (Siebeldingen) nicht davon abhalten, den Titel "Winzer des Jahres" einzuheimsen, mit gleich fünf trockenen Weißweinen aus dem Jahr 2000, die die magische 90-Punkte-Marke erreichten bzw. übersprangen.

Dass in Deutschland auch gute Rotweine wachsen, beweist als "Aufsteiger des Jahres" Gerhard Stodden mit seinen kraftvollen Spätburgundern von der Ahr. Doch seine Meriten verdiente er sich einstweilen mit den 99ern. Was aus den im Fass befindlichen 2000ern wird, wird man erst im Herbst/Winter des nächsten Jahres verkosten können.

Best, best, best ...

Was das Buch, lange der bedeutendste Führer zu Deutschlands Weinen und erst soeben mit Eichelmanns bei Hallwag erschienenem Weinführer in ernste Bedrängnis gebracht, neben zuverlässigen und kenntnisreichen, manchmal aber etwas unspannenden Texten zu insgesamt 4525 Weinen und 616 Erzeugern Verkostungen weiter auszeichnet, sind die zur schnellen Orientierung gedachten Listen der "Besten". Allerdings hat man hier etwas stark übertrieben. Allein sieben (!) verschiedene Kategorien gibt es für die Weißweinlisten, dazu kommen Bestenlisten u.a. zu Rotweinen, edelsüßen Weinen, "Schnäppchen" und Schoppenweinen. Am Ende des Buches werden die heute ja allerorts üblichen, bis ins kleinste Detail immer ausdifferenzierteren Besten-Charts ad absurdum geführt, wenn Papier für Kategorien verschwendet wird, auf denen "Die Besten im Laufe der Jahre", "Die besten in den Kategorien" und "Die Spezialisten" gelistet sind. An welcher Bestenliste soll man sich denn da noch orientieren?

Nicht zuletzt dient der WeinGuide auch als touristisches Nachschlagewerk, denn an Landkarten und Anfahrtsbeschreibungen zu den Winzern herrscht kein Mangel. Da auch die Öffnungszeiten der Weingüter und deren Telefonnummern vermerkt sind, spricht nur noch wenig gegen ein Wochenende zwischen Ahr und Neckar.

Gut stehen würden dem Führer in diesem Zusammenhang nur noch ein paar Tipps zu Hotels und Restaurants in den bedeutendsten und schönsten Winzerdörfern. Das würde dem Gault Millau Restaurantführer (im gleichen Verlag erschienen) wohl keinen Auflagenrückgang bescheren. Oder hat man davor tatsächlich Angst?

ARMIN DIEL, JOEL PAYNE: GAULT MILLAU WEINGUIDE DEUTSCHLAND 2002, München: Heyne 2001, Preis: 27,99 €

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