Verfolgt von hysterischen Menschen:Verkannte Tiere

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Eisbär Knut genießt im Berliner Zoo zahlreiche Privilegien. Andere Tiere bekommen die Entfremdung des Menschen von der Natur jedoch deutlich zu spüren. Ein Streiflicht.

Lange nichts gehört. Unsere Berliner Niedlichkeitswache schwört Stein und Bein, Knut gehe es gut. Er wiege achtzehn Kilo, verspeise seine zwei Katzen täglich mit gutem Appetit und "knutsche" (Tagesspiegel) leidenschaftlich den Pfleger Dörflein.

Soeben eine Korrektur aus der Hauptstadt: Knut esse Katzenfutter und (noch) keine Miezen, reagiere überdies absolut verständig, wenn man ihm ein knappes AUS! zurufe.

Ähnlichen Tier-Gehorsam durfte der große Forscher A. Brehm erleben, als seine junge Lieblingslöwin Bachida ihn anzuknabbern versuchte, auf dem gemeinsamen Lager. Nun, der Zustrom zu Knut ist ungebrochen, wiewohl Bild sein ungestümes Größerwerden beklagt.

Allerdings, erwärmen sich weibliche Zoobesucherinnen, junge Frauen also, mehr und mehr für Dörflein, den Erzieher. Bart und Haartracht mittlerweile fein getrimmt, umhüllt von prickelnder Aura aus dem Fundus der elektronischen Medien - und vor allem: Ausgewachsen!

Schneise der Verwüstung durch verstörte Kuh

Kaum eine Berlinerin, welche nicht seufzte: Wer so zart kann sein zu einem Bärlein: / Der Dörflein soll allein nur mein sein.

Viele Privilegien für verzärtelten Knut; doch im gewöhnlichen Leben wächst die Entfremdung des Menschen von der Kreatur. Die Tiere ihrerseits haben es satt, verkannt und schlecht behandelt zu werden von hysterischen Mitteleuropäern.

Sie rasten aus, schlagen zurück. Und ziehen den Kürzeren. Drei bezeichnende Vorkommnisse aus jüngster Zeit: Der hochtragenden, dieserhalb hoch empfindsamen Charolais-Kuh "Beate", fälschlich "Uschi" genannt, weiß, helles Flotzmaul, näherte sich ein Klauenschneider auf ihrer Weide bei Hannover.

Sein fürchterliches Instrument ängstigte Beate so sehr, dass sie über den Zaun setzte, und wie behauptet wird, im Stadtteil Limmer "eine Schneise der Verwüstung" schlug. Verfolgt von Polizei & Feuerwehr, von den Hussah!-Rufen der Leute; niedergestreckt von drei amtlichen Betäubungsgranaten.

Tage später waren tot das Rind und sein Kalb. Aufregung und Dosis einfach zu viel. Hermann Völxen, den Bauern, hatten die Sicherheitskräfte nicht zu seiner verstörten Kuh gelassen.

Sexuell erregter Feldhase

Andere Gegend. Im Kehlbachwald bei Augsburg ertrug ein Bussard alberne Jogger und Nordic-Walker nicht länger, und flog Schein-Angriffe, während Wanderer unbehelligt blieben. Die Polizei ist unterwegs.

In Linz hingegen griff, wie Polizeisprecher Niederwimmer (Name v. d. Red. n. geändert) berichtete, ein mutmaßlich sexuell erregter Feldhase eine 74-jährige Greisin an, beim Wäschehängen, was den Hasen in Rage brachte, biss ihr in den Fuß, trieb sie, wie eine Agentur schreibt, "zum Sturz, biss weiter auf sie ein", kämpfte schließlich, das "Amok laufende Tier", auch mit dem Gatten.

Als die Polizei dies sah, griff sie zur Waffe. All dieser tapferen Kreatur gebührt ein Hurra! - ein Ehrenplatz in Tierwalhalla.

© SZ vom 02.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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