USA:Polizei rettet 200 Menschen von Sekten-Ranch

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Mehr als 200 Menschen, darunter viele Kinder, sind in den USA von der Ranch eines verurteilten Polygamisten evakuiert worden. Viele von ihnen sollen missbraucht worden sein.

Bei einem großangelegten Polizeieinsatz auf der Ranch einer polygamen Sekte im US-Bundesstaat Texas haben die Behörden inzwischen mehr als 200 Menschen abgeholt. Von der als Tempel genutzten Ranch der Fundamentalistischen Kirche der Heiligen der Letzten Tage in Eldorado seien 60 Frauen und 159 Kinder in Sicherheit gebracht worden, berichtete die Zeitung Salt Lake Tribune am späten Sonntagabend (Ortszeit). Sie sollten den Angaben zufolge von Sozialarbeitern befragt werden.

Busse der örtlichen Baptistengemeinde fahren vom Gelände der Sekte (Foto: Foto: AP)

Die Durchsuchung des Geländes sei noch nicht beendet, schrieb das Blatt. Einem Bericht der Zeitung Houston Chronicle vom Sonntag zufolge hatten sich Spezialeinheiten der Polizei am Samstagabend Zugang zu der Ranch verschafft.

Das Gelände in der Nähe von Eldorado im Bundesstaat Texas war evakuiert worden, nachdem die Polizei dort nach einem 50 Jahre alten Mann gesucht hatte. Ihm wird vorgeworfen, ein 16 Jahre altes Mädchen geheiratet und mit ihm ein Kind gezeugt zu haben. Zwei weiße Busse der örtlichen Baptistengemeinde hätten die Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und 17 Jahren vom Gelände gefahren, berichtete CNN.

"Wir haben es mit vielen Opfern zu tun", sagte die Sprecherin der Kinderschutzorganisation Child Protective Services in Texas, Marleigh Meisner. "Augenscheinlich sind sie missbraucht worden." 18 Mädchen seien in der Obhut von CPS. 34 Mädchen würden noch befragt. Darrell Azar, ein anderer CPS-Sprecher, betonte, die Aktion habe nichts mit Religion oder einer besonderen Lebensart zu tun. "Das einzige Interesse ist, Kinder vor Missbrauch zu schützen", sagte er dem Houston Chronicle.

Der Gründer der Kolonie, Warren Jeffs, ist der Anführer der Mormonensekte "Fundamentalistischen Kirche der Heiligen der Letzten Tage", die offen Vielweiberei betreibt. Jeffs war im vergangenen Jahr zu mehrjähriger Haft verurteilt worden.

Er hatte ein 14-jähriges Mädchen verheiratet und zum Vollzug der Ehe mit ihrem 19 Jahre alten Cousin gezwungen. Die Richter sahen darin eine Beihilfe zur Vergewaltigung. Das Mädchen hatte in dem Prozess ausgesagt, Jeffs habe ihr erklärt, ihre Seligkeit sei in Gefahr, falls sie die Ehe mit ihrem Cousin ablehne.

Die rund 10.000 Anhänger der Mormonensekte leben vor allem an der Grenze zwischen den US-Bundesstaaten Utah und Arizona in polygamen Haushalten. Die Ranch in Eldorado mit ihren riesigen Anlagen wurde von der Sekte im Jahr 2003 gekauft und seither von den Behörden beobachtet. Die "Fundamentalistische Kirche der Heiligen der Letzten Tage" hatte sich von der Mormonkirche "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" abgespalten.

Abtrünnige Mitglieder berichteten von erzwungenen Ehen mit Minderjährigen, Kindesmissbrauch, Erpressung und Nötigung. Bei seiner Festnahme stand Jeffs auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher der amerikanischen Bundespolizei FBI.

Sektenführer Jeffs, der von seinen Anhängern als Prophet betrachtet wird, wurde 2006 in Las Vegas verhaftet und im vergangenen Jahr wegen Beihilfe zu Vergewaltigung zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Die Mormonen hatten die Polygamie bereits vor mehr als einem Jahrhundert abgeschafft.

© dpa/AFP/bavo/sma/ihe/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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