US-Medien:"Besessen" von Michael Jackson

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Als die Ankunft des Sängers im Gefängnis von Santa Barbara bevorstand, spielten die Anschläge in Istanbul auf den US-Bildschirmen keine Rolle mehr. Angesichts der Medienhysterie warnt der US-Bürgerrechtler Jesse Jackson vor einer Vorverurteilung des "King of Pop".

Viele Sender zeigten stundenlang Bilder von startenden und landenden Flugzeugen in der Hoffnung, dass Jacksons Flieger darunter sei. Als er tatsächlich landete, unterbrachen Sender wie CNN dafür das laufende Programm - zu sehen war kaum mehr als ein Flugzeug, das in einen Hangar rollt. Angesichts der Hysterie attestiert der US-Bürgerrechtler Jesse Jackson der Öffentlichkeit bereits "Besessenheit".

Die US-Medien übertrafen sich gegenseitig in ihrem Bemühen, Jacksons Ankunft nur ja nicht zu verpassen. Ein Sender hatte bereits am Dienstag - also lange vor der tatsächlichen Ankunft - fast zwei Stunden lang Live-Bilder vom Flughafen Goleta gezeigt. Am Donnerstag ging es den anderen Sendern nicht besser: Immer wenn die Bilder von landenden Flugzeugen die Hoffnung bei den Zuschauern wecken, der Star komme an, stiegen wohlhabende Reisende aus ihren Privatjets und sahen hunderte Kameraobjektive auf sich gerichtet. Kommentatoren füllen die Sendezeit damit, immer neue Gerüchte über "Jackos" Verbleib zu verbreiten, um sich anschließend für die Fehlinformationen zu entschuldigen.

"Wir sehen einen Jet, die Luke öffnet sich"

"Wir sehen einen Jet, die Luke öffnet sich und Leute, möglicherweise auch eine Frau, die vielleicht zur Crew gehört, kommen heraus", kommentiert ein atemloser Reporter die wackeligen Bilder, als das richtige Flugzeug endlich ankommt.

Den Kampf um die Quote unterstützen auch Hubschrauber, aus denen Reporter während Jacksons zehnminütiger Fahrt vom Flughafen in die Stadt detailliert jedes Fahrmanöver beschreiben. Der entscheidende Moment entgeht aber schließlich vielen Kameras. Einige bekommen nicht einmal mit, dass der mit Handschellen gefesselte "Jacko" überhaupt das Gefängnis betritt.

Warnung vor Vorverurteilungen

Angesichts des Medienaufgebots warnt Jesse Jackson vor Vorverurteilungen. "Michael verdient einen fairen Prozess, die Redaktionen müssen objektiv bleiben, und das weltweite Publikum darf nicht zu einem vorschnellen Urteil kommen", sagt er. Der Prozess müsse "in einem Gerichtshof" stattfinden, "nicht in den Medien".

Seine Fans stehen dem Popstar ohnehin zur Seite. Sie strömen zum Gefängnis und zu seiner 70 Kilometer entfernt gelegenen "Neverland Ranch", um ihre Solidarität zu bekunden.

Zwischen den TV-Übertragungswagen vor Michael Jacksons Anwesen bilden sich Grüppchen von aufgebrachten Anhängern. "Niemand kann Dich ersetzen", prangt auf einem Plakat. Die 19-jährige Danielle Lara hofft, dass Michael die Botschaft sieht. "Er ist nicht da, aber er wird uns sehen, das ist das Entscheidende." Die Geschichte sei ein Skandal. "Michael ist eine Zielscheibe , er war es sein Leben lang, aber er wird da schon rauskommen", sagt sie.

Der 17-jährige Anthony Villanueva war erst im Juli zu Gast in der "Neverland Ranch" und schwärmt noch heute: "Es war toll, der Zoo, der Erlebnispark. Alles war umsonst, Popcorn und Eis, soviel man wollte." Seiner Ansicht nach hätte Jackson seine Gäste nicht so weit in sein Privatleben hineingelassen, wenn er etwas zu verbergen hätte.

Die beiden Deutschen Kathrin und Nicole sind eigens nach Kalifornien gereist, um auf Michael Jacksons Spuren zu wandeln. "Wir hatten gehofft, ihn zu sehen." Stattdessen können sie nun lediglich vor Ort den Skandal um ihr Idol verfolgen. Zumindest konnten sie am Eingang der Ranch Geschenke für ihn hinterlassen - Stofftiere und anderes Spielzeug.

(sueddeutsche.de/AFP)

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